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WikiPetra - Stören und fragen ausdrücklich erwünscht

„Please disturb“ – so das Motto anläßlich des „Tages der Offenen Hoteltüren“ in der Schweiz, der am 23.03.25 bereits zum 13. Mal stattfand. Willkommen sind alle, die sich für das Hotelfach und die Gastronomie interessieren und mal einen Blick hinter die Kulissen werfen möchten. Gerichtet ist dieser Tag aber insbesondere an potentielle Nachwuchskräfte mit Karrierewunsch; wie sonst könnte man besser auf sich aufmerksam machen und potentielles Personal generieren? Ein Besuchsbericht von Petra Fritz in DNEWS24.

WikiPetra – Reportagen, Hintergrund-Recherchen, Kommentare von Petra Fritz in DNEWS24

In vielen Städten der Schweiz haben an diesem Tag Beherbergungsbetriebe aller Art ihre Pforten geöffnet. Die Branche ist dabei vom kleinen Boutique-Hotel über Spezialunterkünfte (in ehemaligen Gefängniszellen oder Schlafkapseln) bis hin zu den ultimativen Luxushotels vertreten. Darüber hinaus präsentieren auch einige Hotelfachschulen ihr Portfolio. Ruf und Renommee (mit späterer Einstellungsgarantie) dieser Schweizer Schulen sind spätestens seit Cesar Ritz legendär. Seine Maxime: „Es gilt hohe, aber realistische Kundenerwartungen zu setzen und sie dann nicht nur zu erfüllen, sondern zu übertreffen …“. Allein in Luzern gibt es drei solcher (akadem.) Ausbildungsbetriebe, viele weitere z.B. am Genfer See. Laut Handelsblatt vom 03.03.2021 rangieren acht Schweizer Hotelfachschulen im Ranking unter den Top 10 der Welt. Wie ich später erfahren soll, befindet sich die größte und elitärste dieser Institutionen in Lausanne.

Sicher Nächtigen im Gefängnis von Luzern

Das Angebot ist so groß, daß man die Örtlichkeiten zuvor gut auswählen sollte. In Luzern entscheide ich mich zunächst für das „Barabas“, in dem bis 1998 das städtische Zentralgefängnis untergebracht war. 60 ehemalige Zellen unterschiedlicher Kategorien (vom Mehrbettzimmer mit Etagenbetten bis zum Doppelzimmer mit eigenem Bad in der früheren Gefängnisbibliothek) stehen für die Gäste bereit, wobei natürlich niemand mehr bei Wasser und Brot darben muß. Benannt ist das graue Haus mit dem buntem Schriftzug am Löwengraben nach dem Künstler Barabas (bürgerlicher Name Hugo Siegrist), der dort 1975 kurzzeitig wegen Kriegsdienstverweigerung eingesperrt war. Gemalt hat er alles – u.a. an die Zellenwände – was er während der Haft am meisten vermißte: Frauen, Geld und Wein.

In Berlin-Rummelsburg gibt es seit Anfang der 90-iger Jahre übrigens ein ähnliches „Zellen-Hotel“ mit Garten und Spreeblick, in dem u.a. Honegger nach Ende der DDR kurzzeitig bis zu seiner Ausreise nach Chile (wohl eher aus Sicherheitsgründen) „einsaß“. Gerade in heißen Sommern halten die dicken Wände und Steinfußböden hier angenehm kühl – wie ich selbst erfahren konnte. Den Blick durch vergitterte Fenster muß man allerdings mögen.

Zurück in die Gründerzeit des Schweizer Hotelbooms

Mein Hautaugenmerk gilt an besagtem Tag aber dem Art Deco Hotel Montana (erbaut 1910) mit herrlichem Blick über den See bis hin zu den schneebedeckten Gipfeln des Berner Oberlandes, da dieses Haus direkt an die SHL Schweizerischen Hotelfachschule Luzern SHL (gegr. 1909) grenzt und sich in unmittelbarer Nähe am Seeufer auch noch das Mandarin Oriental befindet.

Die wenigen Meter hinauf von der Seepromenade zur Hotel-Lobby kann man damals wie heute in 60 Sekunden bequem per Mini-Bergbahn bewältigen. Einst in Privatbesitz von Bauherr Alfred Schrämli ist das Haus seit 1944 in Besitz der Hotel & Gastro Union. Zum Empfang in den historischen Räumen reicht ein junger Mitarbeiter im ersten Lehrjahr jedem Gast auf Wunsch einen fruchtigen Drink. Strahlend beteuert er die richtige Berufswahl getroffen zu haben und nichts anderes tun zu wollen. Er mache direkt im Hause eine Lehre und sei nicht an der Hotelfachschule eingeschrieben. Das Montana könnte, will aber nicht mit den absoluten Luxushotels konkurrieren und schmückt sich lieber mit dem Titel „Bestes 4-Sterne-Hotel“ Luzerns.

Angesichts der mächtigen Konkurrenz im Land sind neben top gepflegten Zimmern (da ist nicht eine Ecke abgeschlagen, ein Teppich abgewetzt, ein Krümelchen im Bad oder ein Kissenbezug faltig) und durchdachten Raumkonzepten, Ideen und Innovation Trumpf. Diverse Auszeichnungen und Trend-Awards zeugen davon. Gleich in der ersten Etage befindet sich auf der großen Balkonterrasse seit 2014 u.a. eine Sektion mit Liegestühlen auf herrlichem Sandboden. Im Winter verwandelt sich diese Ebene zu einem Winter-Wonderland mit Tannenwald und weiteren Wow-Effekten. Kein Wunder, daß das Montana 2018/ 2019 im Hotelrating zum Hotel des Jahres gekürt wurde. Seit 2020 ist übrigens Frauenpower angesagt, denn Miriam Böger (ex Vize im Montana und SHL Alumna) wurde zur Direktorin ernannt.

MEIN TIPP: Dieser „Outdoor Living Room mit Beach Charakter“ samt Whirlpool und Regenwalddusche ist auch für externe Gäste zu bestimmten Zeiten zugänglich! Überdies sind Tageszimmer im Angebot.

Ganz oben in den ehemaligen Personalzimmern – nur über eine schmale Treppe erreichbar – liegen seit 2010 die Penthouse-Spa-Suiten. Beim Umsehen komme ich mit Mitarbeiterin Maxime ins Gespräch. Sie habe vor einigen Jahren die angegliederte SHL absolviert und sei nach anderen Hotel-Stationen nun (erfreulicherweise) wieder hier im Hause gelandet. Ja, ein perfektes Housekeeping sei auch ein Stück weit Routine, denn man müsse bei aller Akkuratesse auch die Zeit im Auge behalten. An ihrer Seite steht eine junge Auszubildende, die manchmal nickt und fast andächtig zuhört, wie bzw. was ihre „Tutorin“ auf meine Fragen zur Organisation und Kooperation des Hotels mit der Hotelfachschule antwortet. Der Besuch der privaten Hotelfachschule über sechs Semester sei mit aktuell rund 39.000.- CHF (für Schweizer Studierende) allerdings eine Herausforderung. Die praktische Ausbildung ist jedoch ein integraler Bestandteil des Studiums an der SHL, und die verpflichtenden Arbeitseinsätze ermöglichen es vielen Studierenden, einen erheblichen Teil der Kosten selbst zu finanzieren.

Nun geht’s von ganz oben nach ganz unten, d.h. in den Bauch des Hauses – der Hotelküche. Eleganter weise über eine Rolltreppe. Zu dieser Jahreszeit ist eher Slowtime und „nur“ sieben Jungköche (maximal 21) wuseln gegen 14.00 Uhr zwischen den blitzenden Edelstahltheken, Wärmeplatten und Kühlräumen hin und her. Einige Pfannen und Töpfe kreisen an der Decke. Und doch folgt das Chaos einer präzisen Ordnung, wie z.B. rote Schneidebretter ausschl. für Fleisch, blaue für Fisch etc. zu verwenden. Die junge zierliche Dame, die mich hier empfängt, ist eine der wenigen Frauen am Ort. Ja, obwohl das Geschlechterverhältnis in der Hotellerie insgesamt ausgeglichen sei, gäbe es in der Küche mit etwa 10% nur wenig weibliches Personal. 

Auf die Theorie folgt die Praxis

In einer hinteren Ecke des Küchen-Ateliers, wo Champagnerkübel bereit stehen und bunte Häppchen gezaubert werden, kann man sich sogar als Künstler versuchen. D.h. man kann sich eine kleine Spritztüte mit geschmolzener Schokolade schnappen und ein Tellergemälde anfertigen. Für den nötigen Druck bzw. Malschwung von dünneren oder dickeren Linien entwickelt man schnell ein Gefühl. Zum Gelingen des Werkes sind räumliches Vorstellungsvermögen, eine schöne Handschrift und künstlerisches Geschick natürlich von Vorteil. Neben mir ist eine wahre kleine Künstlerin am Werk, die akribisch an jedem Motiv ihres Werkes feilt. Ein Naturtalent, das ich sofort für die Patisserie anheuern würde. Mein spontan skizziertes Tellermotiv war in zwei Minuten fertig und eine inspirierende Erfahrung.

Langsam verspüre ich Kaffeedurst und folge anderen Besuchern in die großzügige Kaffee-Bar der Hotelfachschule auf gleicher Ebene. Hinter der Theke hantiert mit Chiara eine wahre „Barista-Meisterin“ an zwei kombinierten Maschinen. Eigentlich ist die öffentliche Demonstration „Wie bereite ich den perfekten Cappuccino“ schon vorbei. Zusammen mit einem weiteren interessierten Gast bekomme ich dankenswerter Weise trotzdem noch einen ganz persönlichen Workshop. Ihre Hände (gerade die linke Hand spielt eine wichtige Rolle) fliegen nur so zwischen den Hebeln und Tasten hin und her. Herrliches Kaffeearoma steigt auf, cremige Rinnsale ergießen sich in zwei Tassen. Das ganze getoppt von glänzendem feinstporigen Milchschaum – es zischt. 

Unvermittelt fordert „Barista-Sommeliere“ Chiara nun mich zum eigenständigen Tun auf. Die beobachtenden Besucher an der Theke freut es, denn so gibt es gleich wieder eine Gratisportion. Ein Geheimnis sei u.a. das zweimalige unterschiedlich starke Festklopfen mit dem Stempel vor dem Pressdurchlauf und die Wahl der Milch, die immer kalt sein muß und maximal zweimal optimal geschäumt werden kann. Zudem sind die beiden Profimaschinen hier clever auf einander abgestimmt, was den Mahlzeitpunkt sowie die Kaffee- und Wassermenge angeht. Prozess und Dauer der Milchschäumung allerdings bleiben Handarbeit und Expertensache, genauer gesagt Fingerspitzen- und Temperaturfeeling am oberen Kannenrand. Große Bläschen produzieren könne jeder, aber eine seidig glänzende Schicht zu erzeugen, sei hohe Kunst. Ergo: Lieber etwas zu kurz, als zu lange schäumen und beim Aufgießen in die Tasse langsam kreisen, bis eine kleine Kuppel entsteht – ohne Überlauf versteht sich.

Aus-/ Fortbildung und Image als Grundlage des Erfolges

Mir schwirrt der Kopf und eigentlich bräuchte ich eine Pause, als ich am Ende eines Vortrages für junge Bewerber*innen mit einem Offiziellen der Schule zusammentreffe. Jordan Kestle, Head of international Projects, kennt sich im Metier bestens aus. Der gebürtige Neuseeländer mit original Schweizer Zungenschlag weiß um den umkämpften Markt der Hotel- und Schulungsbranche. Die SHL habe mit rund 300 Studierenden auf dem Campus fast Nischencharakter, denn 90% der Absolventen seien Schweizer. 

In den Schulen rund um den Genfer See – insbesondere Lausanne – sei es genau umgekehrt. Ja, die Ausbildungsgebühr sei eine gewisse Bürde, in Lausanne sei es jedoch noch um 50% teurer. Um genau zu sein, betragen die Studiengebühren für den EHL Campus Lausanne (laut Website) 156.500.- CHF für internationale Studierende und 69.750.- CHF für Studierende aus der Schweiz und mit A-HES Status. Zugegeben, der weitläufige EHL-Campus (mit Ableger in Chur und Singapur) hoch über dem Genfersee ist beeindruckend, aber der Seeblick der SHL in Luzern ist ebenfalls spektakulär, und so gewöhnt man sich schnell an einen gehobenen Status und den „Duft der großen, weiten Welt“. Ein Prozess, der in der Branche gerne als „prägend“ bezeichnet wird.

Wo wir sind, ist oben – Ist Image wirklich alles?

Böse Zungen kommentieren solche Institutionen gerne mit Worten wie „Wo Anzug-Schnösel und Kostüm-Trägerinnen zu Gastgebern werden“, aber letztlich wird genau das die Kleiderordnung und die Umgangsform ihres gesamten Berufslebens sein. Bei Recherchen im Netz fand ich überdies die sinngemäße Aussage, daß die EHL am Ende nicht Hoteliers mit Herzblut, sondern geklonte Manager produziere. Allerdings solche, denen zumindest einmal beigebracht wurde, wie man serviere, sautiere und degustiere. Ob das so ist, mögen Insider beurteilen und wird die Zeit zeigen. Zwei von drei Bewerbern werden übrigens abgelehnt, besagte Hotelfachschule(n) sind nicht auf der Suche nach Jedermann oder Auffangbecken für sonstige gescheiterte Studenten*innen. Dieses Credo erinnert mich an den Ausspruch, den ein Direktor des „Vier-Jahreszeiten“ in Hamburg einmal vor der Kamera tat: Einstellung, Haltung und Gesamtpaket müssen stimmen, den Rest bringen wir ihnen bei.

Während der Lehrplan an besagter EHL, also der Ecole hôtelière (gegr. 1893 und mit rund 3.000 Studierenden z. Zt. größte und bekannteste Schule weltweit) in Lausanne recht akademisch sei, lege man hier im deutsch-sprachigen Luzern mehr Wert auf die typische Hotel-Praxis, so Kestle. D.h. von Anfang an werden die verschiedenen Stationen wie Küche, Service, Housekeeping, Rezeption, Verwaltung etc. Studium begleitend durchgearbeitet. Viele Absolventen*innen der eher theoretisch ausgerichteten Schulen würden später gar nicht ins Hotelmanagement wechseln, sondern in andere Berufszweige abwandern. Dieser Aspekt mag zwar verwundern, aber wer ein Hotel in allen Facetten zu managen vermag, kann ohne Frage auch ein mittelständisches Unternehmen führen. In der Tat pflegt die EHL u.a. eine enge Kooperation mit der LVMH-Group (= Moët Hennessy-Louis Vuitton), die 75 Luxusmarken unter einem Dach vereint. Gutes Englisch und Französisch sind dabei allerdings eine unabdingbare Voraussetzung.

GUT ZU WISSEN: Viele Einrichtungen wie Bars und Restaurants der Hotelfachschulen, so auch der SHL und der EHL, sind regelmäßig für die Öffentlichkeit geöffnet und weit mehr als eine kulinarische Entdeckungsreise.

Denn die Basis wird der Jugend in beiden Fällen perfekt beigebracht: Köche, die sie lehren, wie lange ein perfekt gekochtes Ei kochen muss. Patissiers, die mit ihnen fürs Weihnachtsfest Schokolade schmelzen und in opulente Formen gießen. Maîtres de Service, die ihnen beibringen, vor dem Gast mit jeglichem Besteck souverän und „unfallfrei“ zu hantieren. Aber ist Image also wirklich alles? Ich kenne die Welt von vielen Seiten und müßte ich mich spontan entscheiden, würde ich eher das weniger „hypere“ Ambiente der SHL bevorzugen. Alles eben eine Frage des Blickwinkels. Staatliche Hotellerie-Schulen spielen in der Schweiz offensichtlich eine untergeordnete Rolle.

Die Fünf-Sterne-Promenade am Vierwaldstätter See

Hier drängen sich auf drei Kilometern entlang des Seeufers gleich mehrere Luxusherbergen, einschließlich Casino. Bei einem kurzen Abstecher ins „Mandarin Oriental“, einer weiteren Belle-Époque Ikone von 1906, ergibt sich im Grunde dasselbe Bild: engagierte Mitarbeiter und Ausstattung auf höchstem Niveau unter Wahrung der langen prunkvollen Geschichte des „Palace“. Demgemäß sind auch die Preise; unter 500.- CHF pro Nacht ist ein Doppelzimmer meist nicht zu haben. 

Seit Herbst 2023 ist es das “ jüngste Kind“ des chinesischen Milliardärs Yunfeng Gao, dem in der Schweiz auch schon das Kempinski in Engelberg und die beiden Hotels auf der Frutt gehören.

Bei Besichtigung einer Suite fällt ein junger Auszubildender im klassischen Schwarz-Weiß-Outfit mit Weste auf. Sharif kommt aus Afghanistan. Noch ist sein „Schwitzer-Dütsch“ etwas holprig und er entsprechend schüchtern, wird von seiner parat stehenden „Patin“ jedoch stets zum Gespräch mit den Gästen ermuntert. Auf dem Flur kommen mir vier weitere Kollegen aus dem offenbar selben Kulturkreis entgegen, die jedoch „in Zivil“ sind. Ob sie alle durchhalten und den Anforderungen entsprechen werden? Im Moment fällt es mir schwer zu glauben, daß dies – so fern der Heimat – wirklich seine Welt ist oder jemals wird. Wie auch immer, das Zauberwort der Branche heißt: Leidenschaft (anderen zu dienen).

Mein Fazit: Banale Übernachtung im Einheitsambiente oder Business-Kurlaub im stylishem Wellness-Tempel

Auch in der Schweiz wachsen kompetente Mitarbeiter nicht auf den Bäumen und es bedarf erheblicher Anstrengungen das Level zu halten. Wenn hier über den Fachkräftemangel gejammert wird, dann freilich auf hohem Niveau. Denn natürlich ist die Bezahlung besser als anderswo, das Leben im Land aber auch teurer. Was lockt, sind moderne Campus-Anlagen und natürlich der Nimbus, denn mit einem Schweizer Diplom (Bachelor Degree) stehen einem selbst in den Super-Luxus-Hotels (5-Sterne plus) der arabischen und asiatischen Welt alle Türen offen. Einige wechseln gar als Butler in royale Privathaushalte.

Ob sich eine derart teure Ausbildung mit anschließendem Arbeitsplatz in Deutschland aktuell bezahlt macht, wage ich – mal abgesehen von wenigen Topadressen in Hamburg, Berlin oder München – zu bezweifeln. Zwar wird überall smartes Personal gesucht, aber nur zu möglichst günstigen Konditionen, in Teilzeit oder dem Willen zu unbegrenzten Überstunden. Selbst ein überdurchschnittlicher deutscher Gastronom/ Hotelier dürfte kaum dazu bereit und in der Lage sein, die umfassende Ausbildung an einer Schweizer Hotelfachschule auch entsprechend zu honorieren, weil schlichtweg die zahlungskräftige Klientel fehlt. Ergo droht auch hier eine fortschreitende Erosion von Qualität zugunsten von schnellem Geld und Mittelmaß. KI und Elektronik werden diese Lücke m.E. nicht/ nie füllen, auch wenn so ein „Robbi“ der das Frühstückstablett bringt zunächst ganz witzig und zukunftsorientiert erscheint.

Abwärtsspirale des Anspruchsniveaus in Form von eintönigen, mehr oder weniger sauberen Minizimmern einerseits und Luxus-Dekadenz andererseits? Die Schere bzw. Spaltung der Gesellschaften zeigt auch in dieser Branche eine immer deutlichere Polarisierung mit Tendenz zu parallelen Welten. Fragt sich, wie lange ein Land wie die Schweiz als „Insel der Glückseligen“ mit potenter Kundschaft (ggf. auch aus unliebsamen Despotenländern) das noch durchhalten kann – vom stetig steigenden Franken-Wechselkurs zum Euro ganz zu schweigen.

Meines Wissens waren zeitweilig fast 50% der Hotels in Garmisch-Partenkirchen in russischer Hand und die Tourismusbranche erhoffte sich dadurch einen nachhaltigen Aufschwung. Ob diese Häuser nun geschlossen sind oder „requiriert“ wurden, entzieht sich meiner Kenntnis. In Österreich jedenfalls sind derzeit ganze Landstriche (z.B. rund um Hallstatt/ Tirol) und insbesondere kleinere Mittelklasse-Hotels in Besitz von Chinesen, die mit Massentourismus ohne nachhaltiges Hotelmanagement und Infrastruktur-Investitionen die Einrichtungen kurzerhand als „Alpen-Disneyland“ kaufen, sie für eine gewisse Zeit aussaugen und dann weiterziehen. Zurück bleiben häufig vernachlässigte Hotelbauten und entleerte Ortschaften, die Charakter und Seele der eigenen Kultur für lange Zeit verloren haben.

Mittel- bis langfristig sollte und kann erfolgreiches Hotel- und Gastronomie-Management mehr sein, als nur ein gewinnoptimiertes Auslastungskonzept und mehr oder weniger zufriedenen Gästen; es hat auch regionale Strahlkraft jenseits der eigenen Mauern. Immer mehr Hoteliers und Gastronome sehen sich zurecht in globaler Verantwortung, wenn es z.B. um Energiespartechnologien und neue Konzepte der Lebensmittelverwertung geht – neue zusätzliche Herausforderungen, denen sich das komplexe Gastgewerbe täglich stellen muß. Was es dazu – jenseits aller Unterrichtseinheiten – m. E. vor allem braucht, sind MENSCHEN mit Leidenschaft, Visionen, guten Nerven und Charakterstärke.

Bild: PFritz © DNEWS24

Die Autorin

Petra Fritz

Die Autorin ist von Beruf Dipl-Kfm (Uni Mannheim), Jahrgang 1960, verheiratet, wohnhaft in Hamburg und Locarno. Sie war 4 Jahre Personalleiterin bei den US-Streitkräften (AAFES) in Stuttgart und Heidelberg und in Folge 12 Jahre im Pharma-Management von BASF (Auslandsvertrieb) tätig, davon 18 Monate bei der Tochtergesellschaft Quimica Knoll in Mexico.

Von 2002 bis 2022 war Petra Fritz selbständige rechtliche Berufsbetreuerin (Vormund) und Verfahrenspflegerin für verschiedene Amtsgerichte in der Vorderpfalz. Seitdem widmet sie sich verstärkt ihrer Coaching- und Autorentätigkeit.

Privat war Petra Fritz Leistungssportlerin im Eis- und Rollkunstlauf (u.a. Teilnehmerin bei der Profi-WM 1978 und Top 10 1979), später 14 Jahre lang Vize-Präsidentin des Rheinland-pfälzischen Eis- und Rollsportverbandes sowie Repräsentantin „Frau im Sport“. Heute ist sie in der Freizeit gerne auf dem Wasser und auf Ski unterwegs. Ansonsten agiert sie seit 2012 auch als semi-professional Bestager-Model, Darstellerin, Moderatorin und Bloggerin für „Topagemodel.de“.

Petra Fritz hat das Buch „Mittendrin statt nur dabei“ veröffentlicht.

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