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WikiPetra - Mit Spaß unter fachkundiger Anleitung den Ernstfall proben

Wir alle wünschen uns Sicherheit. Wie heißt es so schön: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, d. h. wer auf Eventualitäten vorbereitet und trainiert ist, kann viele Defizite und Unfälle vermeiden. Dabei stellen Feuer und Wasser in der Regel die größten Gefahrenquellen dar. Im Zweifelsfall rufen wir also die Feuerwehr. Wer aber schult diese Einheiten, insbesondere diejenigen Spezialkräfte, die heutzutage Offshore-Windparks und Bohrinseln betreuen sowie Millionen von Gütern rund um den Globus schiffen? Eine Spurensuche von Petra Fritz in DNEWS24.

WikiPetra – Reportagen, Hintergrund-Recherchen, Kommentare von Petra Fritz in DNEWS24

Ganz im Norden unserer Republik zwischen Flensburg und Sylt an der dänischen Grenze gibt es mit OffTEC in Enge-Sande seit einigen Jahren ein Kompetenzzentrum für maritime Sicherheit. Bitte wo? Im Süden würde man sagen: Hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen bzw. nordfriesischen Inseln und Halligen. An einem Standort abseits der Küste von reichlich Wald umgeben, werden hier maßgeschneiderte Sicherheits-, Rettungs- und Techniktrainings für Lotsen, Wassersportler, Windkraftingenieure, Feuerwehrbesatzungen auf Ölplattformen sowie Bundeswehr und Polizei durchgeführt. Die realitätsnahe Ausbildung im eigenen Trainingswindpark und dem Maritimen Trainingscenter spezialisiert für die Aufgaben und Bedingungen auf hoher See; einschließlich der erforderlichen Zertifizierungen. Dafür sorgt nicht nur ein qualifiziertes und motiviertes Team von Ausbildern und Sicherheitstauchern mit langjährigen Erfahrungen im Energiesektor und auf See, sondern auch modernstes Equipment. Wie gut das funktioniert, zeigen die unzähligen Plaketten und Auszeichnungen an den Wänden.

Entdecke die Möglichkeiten und lerne persönliche Grenzen kennen

In Absprache mit dem Leiter für Öffentlichkeitsarbeit und dem Chefausbilder, erhalte ich dankenswerter Weise Einblick in die Abläufe und Trainingsmodule. Zudem darf ich sogar selbst die Erfahrung machen, wie sich die modernen Rettungsanzüge im Wasser anfühlen und wie es in einer Rettungsinsel aussieht.

Seit Jahren bin ich viel auf dem Wasser, also mit Segel- und Sportbooten, Autofähren und Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Dabei fällt immer wieder auf, wie locker mittlerweile die eigentlich üblichen Notfall- bzw. Rettungsbootübungen für Passagiere an Bord gehandhabt werden. Wann wurden die Hand- oder Elektrokurbeln zum Abwassern der Rettungsboote überhaupt das letzte Mal betätigt und sind genügend Plätze und funktionsfähige Schwimmwesten vorhanden?

Zudem kommen die Crewmitglieder mittlerweile aus der ganzen Welt und die Abstimmung hinsichtlich Standards und Teamfähigkeit tut Not. Die Kommunikation in Englisch ist nicht immer die Beste und der häufige Schiffswechsel bedingt automatisch mangelnde Bordkenntnis mit dem Ergebnis von Sicherheitslücken. Die Reedereien wischen diese Bedenken gerne mit dem Tenor zur Seite, daß man niemanden verunsichern wolle und alles geregelt sei. Naja, man denke nur an die „Costa Concordia“ (gesunken 2012 unmittelbar vor der Insel Giglio mit 32 Todesopfern) oder die „Estonia“ 1994. Von den 989 Passagieren und Crewmitgliedern überlebten in der Ostsee nur 137.

Aber auch wer in den Bergen unterwegs ist, kann durch Erdrutsche, Lawinen- und Murenabgänge schnell in eine bedrohliche Situation geraten, z.B., wenn das Auto plötzlich von der Straße abkommt oder von einer Brücke in ein Gewässer stürzt. Das Wasser im Fahrzeug steigt rasend schnell und wer hat dann noch die Kraft und Übersicht reaktionsschnell und sachgerecht zu handeln? Auch den Sprung der Lotsen von einem zum anderen fahrenden Schiff oder Techniker, die bei wogender See vom Versorgungsschiff auf Plattformen überspringen müssen, brauchen hinlänglich Erfahrung, um nicht zwischen die Bordwände zu geraten oder die schwankende instabile (Strick)leiter herabfallen.

Mittendrin statt nur dabei

Im plötzlichen Krisenfall gilt es vor Eintreffen der Rettungskräfte vorwiegend sich selbst und anderen Betroffenen zu helfen. Grau ist alle Theorie. Also los. Malte und Claudius stehen schon bereit. Sie sind alte Hasen und im Umgang mit allen Gerätschaften in der riesigen Halle mit über 12 Meter Deckenhöhe bestens vertraut. Allein das Becken misst 345 Quadratmeter und ist um die fünf Meter tief. Von der Galerie aus, die sich über zwei Ebenen erstreckt, sind schon diverse Rettungsinseln, ein Speedboot, eine Hubschrauberkapsel, ein fahrbarer Deckenkran und etliche Kletterutensilien erkennbar. Im Raum neben an hängen dutzende rot-orangene Rettungsanzüge verschiedener Kategorien von Nass- bis Trockenanzügen (gelb-blau) und nach Bedarf unterschiedlichen Neoprenstärken bis 21 Millimeter. Eine dicke Isolationsschicht ist im Zweifelsfall lebenswichtig, denn das Wasser ist meist eher kalt und der Körper kühlt grundsätzlich schnell aus. U.a. stehen daher auch Aspekte der Hypothermie auf dem Schulungsprogramm.

Schon das richtige Anlegen eines Anzuges und der kleinen Schwimmweste darüber, erfordert etwas Übung, will man alle Klett- und Klickverschlüsse sachgerecht positionieren. Während Malte das Regiepult bedient, geht Claudius mit in’s Wasser und bespricht die nun anstehende Übungseinheit. Nämlich, wie man sich im Wasser bzw. auf dem Meer am besten verhält um gefunden zu werden (mit strampelnden den Beinen „Weißwasser“ erzeugen), Methoden zur gegenseitigen Unterstützung in Kreis- und Raupenform sowie die optimale Schwimmlage auf dem Rücken mit gekreuzten Beinen. Dann beginnen die Wellen (maximale Simulationshöhe zwei Meter) plötzlich höher zu schlagen und verschiedene Wellenmuster zu erzeugen. Selbst die heute viel schmäleren Anzüge tragen überraschend gut, so daß man gar nicht schwimmen können muß, um über Wasser zu bleiben. Dies ist umso wichtiger, wenn man verletzt oder bewußtlos ist. Kragen und Auftrieb der Anzüge sorgen automatisch dafür, daß der Nacken gestützt ist und der Kopf über Wasser bleibt.

Malte zieht am Technikpult nun weitere Register. Es wird finstere Nacht, die Windmaschinen brausen und dröhnen durch die Halle, ja so gar Nebelschwaden ziehen auf und Blitze zucken. Ich bin inzwischen zwar durch und durch naß, fühle mich aber sicher. Man ist sich freilich der Trainingssituation bewußt, kann sich nun aber besser vorstellen, wie sich ein Notfall auf offenem Meer (Salzwasser!) bei Sturm und hohem Wellengang anfühlt.

Dann steht die korrekte Sprungtechnik von Bord an. Linken Arm vor der Brust bzw. der Schwimmweste kreuzen und mit der Rechten den Oberkopf bzw. den Helm schützend festhalten. Nach dem Auftauchen auf den Rücken drehen und mit einem Ruck das Blasventil der Schwimmweste ziehen. Popp, nun kann man kaum noch nach vorne sehen, nur noch nach oben; so voluminös sind die beiden gelben Luftkammern.

Weiter geht’s. Beim Aussteigen bemerkt man, wie schwer der mit Wasser vollgelaufenen Anzug nun ist. Ausziehen und auf Linksdrehen geht schnell von statten. Das Anlegen des Neoprenunterzuges für den nächsten Trockenanzug ist auf der feuchten Haut allerdings mühselig. Egal, wieder geht’s ins Becken. Wenn der Anzug exakt paßt, bleibt man tatsächlich weitgehend trocken. Ich empfinde diese Anzugversion inkl. Schuhen als sehr angenehm. Im Wasser fühlt man sich damit wirklich geborgen, damit aber auch eine Strickleiter hochzuklettern oder sich in ein Schlauchboot zu ziehen, ist freilich eine andere Nummer. Dies erfordert Kraft und Technik.

Dann schwebt über den mobilen Deckenkran per Seilwinde auch schon eine kleine Rettungsinsel heran. Ist kann komplett verschlossen werden (um bei Seegang kein Wasser eindringen zu lassen), dementsprechend ist es innen eng und stickig. Der Boden ist instabil und i.d.R. wird man darin ohne Blick auf den Horizont schnell seekrank. Zwar befindet sich ein Notfallpaket mit Erster Hilfe Material und Minimalverpflegung darin, die Situation bleibt jedoch beklemmend. Claudius kommentiert diesen Umstand (zurecht) nüchtern mit den Worten: Die rote Gummiinsel soll nicht bequem sein, sie soll Leben retten. Zuvor hatte Malte schon schmunzelnd angemerkt, daß er lieber mehrfach auf wichtige Dinge hinweise, denn das Hirn in Panik sei doch recht wasserlöslich.

Zwei Stunden sind wie im Flug vergangen und eigentlich wäre da noch die Rettung aus dem Huet. Gemeint ist die Heli-Attrappe, die von dem Hallenkran abgeworfen werden kann und sich dann unter Wasser mit allen darin angeschnallten Teilnehmern um 180 Grad auf den Kopf dreht. Nun, dieses anspruchsvolle Trainingsmodul habe ich lieber auf das nächste Mal verschoben, denn es ist eine Tages-Unterrichtseinheit für sich. Was in einem vorgeht, wenn sich ein Flugzeug oder Hubschrauber im Absturz befindet, wage ich mir lieber nicht vorzustellen. Bei individuellen Trainings kann auch auf Komponenten der psychischen Belastung und deren Bewältigungstechniken eingegangen werden.

Kleiner Exkurs in die Natur

Eine tolle Anlage für Amateure und Profis, die allen Ansprüchen genügt. Ein Freibootfall mit Außenwasserbecken ist in Planung. Vielleicht schwimmen demnächst ja auch noch ein paar Eisberge und Eisschollen im Becken herum, so wie man es bei Eisbrecherfahrten in Nordfinnland ab Kemi erleben kann. Nach über 45 Jahren wurde die Sampo außer Dienst gestellt und ist seit dem mit Touristen unterwegs. Dabei ist eines gewiß: bei gefrorener Wasseroberfläche gibt es keinen Seegang, ergo kein Schaukeln und keine Seekrankheit. Ihre Tagesfahrten von rund 4 Stunden im Bottnischen Meerbusen durch mehr oder weniger dickes Packeis bei jedem Wetter sind legendär. Highlight ist auch hier das obligatorische Bad im Bottnischen Meerbusen, d.h. in den roten Survival-Anzügen. Aufgrund der Übergröße kommt so viel Luft zum Tragen, daß dieses Event auch für ungeübte Schwimmer geeignet ist. Kälte muß man freilich mögen.

Hier bei Offtec in Enge-Sande ist es kuschelig warm (Wassertemperatur ca. 24 Grad) und man kann sich ganz auf das Sicherheitstraining konzentrieren. Auf welchem Wege man einen derartigen privaten oder berufsbezogenen Kurs absolvieren kann, kann bei Kundenberater Karsten Wannick angefragt werden. Man hat schließlich nur dieses eine Leben und nicht umsonst lautet das Firmenmotto „Respect the Elements“.

Bild: PFritz und freigegebenes Bildmaterial der Firma Offtec © DNEWS24

Die Autorin

Petra Fritz

Die Autorin ist von Beruf Dipl-Kfm (Uni Mannheim), Jahrgang 1960, verheiratet, wohnhaft in Hamburg und Locarno. Sie war 4 Jahre Personalleiterin bei den US-Streitkräften (AAFES) in Stuttgart und Heidelberg und in Folge 12 Jahre im Pharma-Management von BASF (Auslandsvertrieb) tätig, davon 18 Monate bei der Tochtergesellschaft Quimica Knoll in Mexico.

Von 2002 bis 2022 war Petra Fritz selbständige rechtliche Berufsbetreuerin (Vormund) und Verfahrenspflegerin für verschiedene Amtsgerichte in der Vorderpfalz. Seitdem widmet sie sich verstärkt ihrer Coaching- und Autorentätigkeit.

Privat war Petra Fritz Leistungssportlerin im Eis- und Rollkunstlauf (u.a. Teilnehmerin bei der Profi-WM 1978 und Top 10 1979), später 14 Jahre lang Vize-Präsidentin des Rheinland-pfälzischen Eis- und Rollsportverbandes sowie Repräsentantin „Frau im Sport“. Heute ist sie in der Freizeit gerne auf dem Wasser und auf Ski unterwegs. Ansonsten agiert sie seit 2012 auch als semi-professional Bestager-Model, Darstellerin, Moderatorin und Bloggerin für „Topagemodel.de“.

Petra Fritz hat das Buch „Mittendrin statt nur dabei“ veröffentlicht.

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