DNEWS24 Demografie News

WikiPetra - Auf den Spuren der Bismarcks

Nicht nur in ganz Deutschland finden sich Büsten, Türme und Denkmäler des berühmten Otto von Bismarck (OvB). Wie steht es heute um seine Nachfahren, wo kann man sie antreffen? Wo ginge das besser als in dem kleinen Ort Friedrichsruh im Sachsenwald, wo Otto von Bismarck bis zu seinem Tod 1898 lebte. In Friedrichsruh bzw. Aumühle erinnern ein Museum, eine Dauerausstellung der OvB-Stiftung und ein Mausoleum (Eintritt kostenlos) an den „Eisernen Kanzler“. Das Mausoleum im neo-romanischen Stil liegt auf dem Schneckenberg etwas oberhalb von Friedrichsruh. Eine Spurensuche von Petra Fritz in DNEWS24.

WikiPetra – Reportagen, Hintergrund-Recherchen, Kommentare von Petra Fritz in DNEWS24

Gleich vor den Toren von Hamburg beginnt „Bismarck-Land“. Diverse Landsitze, Ländereien sowie Forst- und Gastronomiebetriebe in und um Aumühle im sog. Sachsenwald firmieren mit dem berühmten Namen. Egal, ob Fürst Bismarck-Mühle, Villa Italia oder Forsthaus Friedrichsruh (erbaut 1874), als „Gastgeber“ firmiert ein Fürst Bismarck. Der Sachsenwald war einst ein Geschenk Kaiser Wilhelms I. an Otto von Bismarck, der sich dort 1871 niederließ. Noch heute ist ein Großteil des Waldgebiets südöstlich von Hamburg im Besitz der Fürstenfamilie und ein interessantes Ausflugsziel für Besucher.

Eine kleine Anekdote gleich vorweg: Im heutigen Forsthaus bzw. dem Cafe-Restaurant „Mein Fritz“ hatte in den 30-iger Jahren einst Boxlegende Max Schmeling sein Trainingslager aufgeschlagen.

Das Bismarck-Imperium

Auf der ganzen Welt sind Schulen, Institutionen, Straßen, Schiffe, Speisen (Bismarck-Hering), eine Mineralwasser-Quelle oder Orte nach ihm bzw. dem Geschlecht benannt. So z.B. die Hauptstadt des US-Staates North Dakota oder das Bismarck-Archipel im Südpazifik unweit von Papua-Neuguinea, das seinerzeit deutsche Kolonie war. Dort haben übrigens auch andere deutsche Adelsgeschlechter wie die von Bülows und von Oertzens Spuren hinterlassen. Mit Peter J. von Oertzen bzw. seiner Familie war ich bis zu seinem Tode 2019 gut bekannt, weil ich fast zwei Jahre in seinem Herrenhaus in Roggow (nahe Rerik an der Ostsee/ Meck-Pom) einen Nebenwohnsitz hatte.

Erst kürzlich hatte ich das Bismarck’sche Hofgut Schönau bei Reinbek (nur wenige Kilometer von Friedrichsruh entfernt) besucht, wo zum Forstbetrieb u.a. eine Tannenbaumpflanzung gehört und sich überdies der Sitz der fürstlichen Kornbrennerei Schönau befindet. Otto von Bismarck hatte den 1200 Hektar großen Besitz zum Getreideanbau 1874 für 13.000 Goldtaler gekauft. Bei festlichen Anlässen, wie dem Besuch des Kaisers und anderer Staatsgäste, servierte er dann stolz seinen eigenen Kornbrand und genoß nach seiner turbulenten Politikerlaufbahn im Alter das Landleben.
Otto von Bismarcks Urenkel, Graf Maximilian von Bismarck, steht bis heute mit seiner persönlichen Qualitätsgarantie auf dem Rücken jeder Flasche, die die Abfüllanlage verläßt; und noch immer wird der Korn nach dem Originalrezept hergestellt.

Die Berufung von Otto von Bismarck in den preußischen Landtag 1847, der Umzug nach Berlin 1849 und seine Tätigkeiten als Gesandter Preußens im Frankfurter Bundestag sowie am Zarenhof in St. Petersburg, waren weitere Stationen seiner Laufbahn. Für seine Verdienste bei der Gründung des Deutschen Reiches erhielt er 1871 von Kaiser Wilhelm I. als Dotation eben jenen Gutsbezirk Sachsenwald mit dem ehemaligen Jagdschloß Friedrichsruh im Kreis Herzogtum Lauenburg. Nach seiner Entlassung aus allen Ämtern im Jahr 1890 behielt Bismarck zwar seine Güter in Varzin (Pommern) und in seinem Geburtsort Schönhausen an der Elbe, wählte jedoch Friedrichsruh, das später schloßartig ausgebaut wurde, für sich und seine Familie als Hauptwohnsitz. Heute residieren hier hinter Mauern und Zäunen seine Nachkommen. Etwas oberhalb auf dem Schneckenberg befindet sich eine stattliche Kirche mit dem Familien-Mausoleum. Auf Otto von Bismarcks Sarg aus beige-rosa Marmor flankiert von je vier Säulen steht unter seinem Namen in goldenen Lettern zu lesen: Ein treuer deutscher Diener Kaiser Wilhelm I.

Eine Familie im Wandel der Zeit

Die gesamte Familienchronik der Bismarcks liest wie ein Streifzug durch die Geschichte. Auf der Website des „Familienunternehmens“ sagt der heutige „Chef“ des Hauses Gregor von Bismarck auszugsweise dazu:

„Wir Bismarcks stammen aus Stendal in der Altmark, 173 Kilometer südöstlich von Friedrichsruh, wo wir seit dem 13. Jahrhundert als Kaufleute und Ratsherrn tätig waren … Im Ersten Schlesischen Krieg zeichnete sich August Friedrich von Bismarck derart aus, dass er von Friedrich dem Großen den Verdienst-Orden “Pour le Mérite” bekam, neben dem „Schwarzen Adler“ die bedeutendste Auszeichnung Preußens. … Sein Sohn Karl-Alexander ein sehr gebildeter Mann; auch er hatte vier Söhne und hinterließ Rittergut Schönhausen seinem jüngsten Sohn Ferdinand. … Ferdinand heiratete Louise Wilhelmine Mencken, die ihm sechs Kinder gebar, wovon aber nur Bernhard, Malwine und OTTO überlebten. Otto wurde am 1ten April 1815 geboren, sechs Wochen bevor Napoleons Tyrannenherrschaft über Europa mit der Schlacht von Waterloo endete. Otto war der Großvater meines Großvaters. Über die wichtigsten Momente seines Lebens und seiner Leistungen, sowie seine umfangreiche Korrespondenz- und Schriftensammlung kann man sich in unserem Museum, dem Archiv und in der Bismarck Stiftung in Friedrichsruh informieren. Hier kann man übrigens auch seine vielen verliehenen Orden bewundern. … Verheiratet war er mit seiner großen Liebe Johanna von Puttkammer, die ihm samt den drei Kindern Marie, Herbert und Wilhelm stets ein wichtiger Rückhalt war. U.a. hat ER Deutschland vereinigt, die Kirche vom Staat getrennt, die Kranken-, Unfall-, Invaliden- und Rentenversicherungen eingeführt, sowie die Mächte Europas in eine friedliche Balance gesteuert, die dann leider von einem zu jungen und unerfahrenen Kaiser zerstört wurde. Sein Sohn Herbert arbeitete als Staatssekretär eng mit dem Kanzler/ Vater zusammen. Besagter Herbert hatte fünf Kinder: Hannah, Goedela, Otto, Gottfried und Albrecht. Davon war dieser Otto mein Großvater. Er war Diplomat und Bundestagsabgeordneter und mit der Schwedin Ann Marie Tengbom verheiratet. Meine Grosseltern wiederum hatten sechs Kinder: Mari Ann, Ferdinand, Carl-Alexander, Maximilian, Gunilla und Leopold. … Mein Vater Ferdinand heiratete meine Mutter, Elisabeth Lippens, die aus Belgien stammt und hatten zusammen vier Kinder: Carl-Eduard, Gottfried, Vanessa und mich, Gregor. Leider ist mein Bruder Gottfried 2007 verstorben. Gemeinsam mit meiner aus Italien stammenden Frau Samantha lebe ich mit unseren drei Kindern Tchiki, Otis und Wilhelmina hier in Friedrichsruh. Meine große Tochter Marina lebt in den USA. Mein Vater lehrte mir alles, was zur Übernahme der Betriebe und des Sachsenwaldes als Kulturerbe wichtig ist, um es für zukünftige Generationen zu erhalten.“

Glorie mit kleinen Schatten

Nach vorsichtigen Schätzungen beläuft sich das Vermögen des Bismarck-Clans auf einen Milliarden Euro-Betrag. Ob Bürde oder sanftes Ruhekissen, können nur Otto von Bismarcks Erben sagen. Alle Bismarcks sind weltweit vielfältig engagiert und vernetzt und wollen ihren guten Namen bzw. Namensrechte und Interessen verständlicherweise gewahrt wissen. Trotzdem bleibt es nicht aus, daß Otto von Bismarcks Nachfahren regelmäßig in die Schlagzeilen geraten. Sei es wegen der Sperrung von Parkplätzen, umstrittenen Jagdmethoden oder wie Ende 2022 mit dem Auswärtigen Amt bzw. dem Außenministerium. Ob Fotograf Nikolai von Bismarck nun mit Model Kate Moss verbandelt ist oder nicht, beschäftigt allerdings einzig die Regenbogenpresse.

Anscheinend kommt es hinter den Kulissen auch zwischen der Familie und den Machern der Bismarck-Stiftung unter Förderung der „Politikergedenkstiftung des Bundes“ in Berlin immer mal wieder zu Spannungen. Im Rahmen des Neujahresempfangs erfahre ich, daß die Stiftung nämlich nicht unter der Regie des Fürstenhauses laufe. Meist gehe es dabei um Besitzrechte und Geld, denn z.B. die anstehende Renovierung des Museums und weiterer unter Denkmalschutz stehender Gebäude im Friedrichsruh-Ensemble soll 40 Millionen Euro kosten.

Darüber hinaus käme es laut des ZDF Magazin Royal bzw. Satire Moderator Jan Böhmermann und der SPD-Finanzpolitikerin Raudies schon länger zu fraglichen, selbst bestimmten Gewerbesteuereinnahmen durch „Briefkastenfirmen“ an die Bismarcks in Friedrichsruh. „Bismarcks‘ Hütte im Wald“ – so ein Presseartikel vom Oktober 2024 – mit 20 Briefkästen als zustellfähige Anschrift für Geschäftspost sei demnach eine Steueroase für Unternehmen. Laut Gregor von Bismarck und dem Innenministerium von Schleswig-Holstein sei jedoch alles im gesetzlichen Rahmen. Dennoch zeigt sich nun auch FDP-Fraktionschef Vogt überrascht. Daß im Sachsenwald Unternehmen gemeldet seien und Gewerbesteuer durch den Hausherrn erhoben werde, bezeichnete er auf Anfrage von Welt.de als „abenteuerlich“. Das Land Schleswig-Holstein wolle den „Steuer-Sonderfall“ im Wald der Bismarcks nun neu bewerten. Offensichtlich besteht in Schleswig-Holstein aber eine (einzigartige?) Landesverordnung, die diesen speziellen (cleveren) Steuerumstand bzw. das „Schlupfloch“ möglich macht. Wie auch immer: fest steht, daß der Gewerbesteuerhebesatz im gemeindefreien, privaten Sachsenwald bei 275% liegt, im unmittelbar angrenzenden Ort Aumühle bei 350% und in Hamburg Firmen sogar 470% bezahlen müssen (Quelle: Bild-Online vom 05.11.2024).

Bismarck’sche Erinnerungskultur im Zeichen der Zeit

Bei meiner Ankunft ist es bereits dunkel und das Museum bereits geschlossen. In dem historischen Fachwerkhaus findet man nicht nur viele persönliche Gegenstände des gelegentlich auch umstrittenen „Eisernen Kanzlers“ wie Briefe, Urkunden, Kleidungsstücke, Orden und zwei Portraits des Malers Franz von Lenbach, sondern auch einen eindrucksvollen Nachbau des Bismarck’schen Arbeitszimmers samt Original-Schreibtisch und Ruhesofas. Ferner zu sehen sind Bismarcks Fechtausrüstung aus der Göttinger Studienzeit, das Fürstendiplom und der Stuhl, auf dem er am Morgen nach der Schlacht von Sedan 1870 Kaiser Napoleon III. gegenübersaß. Neben diversen Orden, Ehrenzeichen und Wertschätzungsgaben auch die beiden Pistolen, mit denen Attentate auf ihn verübt wurden. Und vor allem das berühmte Gemälde anläßlich der deutschen Nationalstaatsgründung in Versailles am 18.01.1871 „Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches “, gemalt von Anton von Werner. Die kaiserliche Familie Wilhelm I schenkte das Werk Bismarck 1885 zu seinem 70. Geburtstag.

Im historischen Bahnhofsgebäude von Friedrichsruh befindet sich heute die Dauerausstellung der Bismarck-Stiftung „Mensch und Mythos“, die sich überwiegend mit dem Zeitgeist und dem Umfeld Bismarck’s zur historischen Einordnung beschäftigt. U.a. schwach zu hören ist seine Stimme, zu sehen sind Bismarcks Pass für die Reise nach St. Petersburg im Jahr 1859, die goldene Feder, mit der er 1871 den Friedensvertrag mit Frankreich unterzeichnete und – wenn ich den handschriftlichen Brief in akkurater Süderlinschrift richtig gelesen habe – 1847 das Heiratsgesuch Otto von Bismarcks an seinen Schwiegervater in spe. 1865 erfolgte die Erhebung in den Grafenstand und 1871 in den erblichen Fürstenstand.

Dank der Stiftung finden in den Räumlichkeiten auch regelmäßig interessante Veranstaltungen statt. Zum Neujahrsempfang am 10.01.25 wurde z.B. „Bismarck in Badehose“ thematisiert. Den Sommer verbrachte Bismarck auf seinen Landgütern oder zur Gesundung in Kurorten wie Bad Kissingen, Bad Ems, Bad Gastein, Baden-Baden oder Karlsbad. Am liebsten aber hielt er sich in Biarritz auf, wo er einmal fast ertrank. Bei all diesen Gelegenheiten ging er freilich nicht nur spazieren, badete oder trank Heilwasser, er traf sich vielmehr auch mit dem europäischen Adel, höchsten Würdenträger der Kirche und führenden internationalen Politikern zum zwanglosem Austausch respektive um Politik zu machen. Anschließend verfasste Bismarck so u.a. das „Kissinger Diktat“ und verhandelte die „Gasteiner Konvention“ mit. „Kurlaube“ die man heute gerne als „diplomatie thermale“ bezeichnet. Die Karikaturen, die seinerzeit davon gezeichnet und im Magazin „Kladderadatsch“ veröffentlicht wurden, sind mehr als eindrücklich und für die Zeit recht keck.

Vielleicht sollte man den Regierungen dieser Welt auch öfters mal eine derartige „Kur“ verordnen. Zwar finden die G7, G8, G12, G20-Gipfeltreffen ebenfalls stets in landschaftlich reizvoller Umgebung und in eleganten Luxushotels statt, aber nach dem Gruppenfoto …nun ja, …

Bild: PFritz, historische Fotos von der OvB-Stiftungs-Website © DNEWS24

Die Autorin

Petra Fritz

Die Autorin ist von Beruf Dipl-Kfm (Uni Mannheim), Jahrgang 1960, verheiratet, wohnhaft in Speyer und Locarno. Sie war 4 Jahre Personalleiterin bei den US-Streitkräften (AAFES) in Stuttgart und Heidelberg und in Folge 12 Jahre im Pharma-Management von BASF (Auslandsvertrieb) tätig, davon 18 Monate bei der Tochtergesellschaft Quimica Knoll in Mexico.

Von 2002 bis 2022 war Petra Fritz selbständige rechtliche Berufsbetreuerin (Vormund) und Verfahrenspflegerin für verschiedene Amtsgerichte in der Vorderpfalz. Seitdem widmet sie sich verstärkt ihrer Coaching- und Autorentätigkeit.

Privat war Petra Fritz Leistungssportlerin im Eis- und Rollkunstlauf (u.a. Teilnehmerin bei der Profi-WM 1978 und Top 10 1979), später 14 Jahre lang Vize-Präsidentin des Rheinland-pfälzischen Eis- und Rollsportverbandes sowie Repräsentantin „Frau im Sport“. Heute ist sie in der Freizeit gerne auf dem Wasser und auf Ski unterwegs. Ansonsten agiert sie seit 2012 auch als semi-professional Bestager-Model, Darstellerin, Moderatorin und Bloggerin für „Topagemodel.de“.

Petra Fritz hat das Buch „Mittendrin statt nur dabei“ veröffentlicht.

Sie können diesen Beitrag einfach teilen, benutzen Sie diese Buttons.