IGeL, die mehr schaden als nützen, gehören zu den Topsellern
Der IGeL-Report 2024 belegt, dass in den ärztlichen Praxen in großem Umfang Leistungen verkauft werden, deren möglicher Schaden den Nutzen deutlich überwiegt: Auf Platz 1 der Top-10-Liste liegen der Ultraschall der Eierstöcke und der Gebärmutter zur Krebsfrüherkennung. Patientinnen geben dafür pro Jahr 143 Millionen Euro aus. Beides sind Leistungen, die vom IGeL Monitor mit „negativ“ und „tendenziell negativ“ bewertet werden. Bei diesen Untersuchungen kann es zu vielen falsch-positiven Ergebnissen und dadurch zu unnötigen weiteren Untersuchungen und Eingriffen kommen, die den Patientinnen schaden können. Gleichzeitig ist nicht belegt, dass das Risiko an Eierstockkrebs zu sterben, damit verringert werden kann. Daher raten auch Fachgesellschaften seit Jahren davon ab, diese Leistungen anzubieten. Ähnlich negativ sieht die Bilanz weiterer Leistungen auf der Top-10-Liste der angebotenen IGeL aus.
Breites Spektrum und breite Preisspanne bei IGeL-Angeboten
Der IGeL-Report 2024 zeigt, dass mit jeweils 500 Millionen Euro die höchsten Umsätze in den Fachgebieten Gynäkologie und Augenheilkunde erzielt werden. Aber auch in den Fachgebieten Allgemeinmedizin (341 Millionen Euro) sowie Orthopädie und Unfallmedizin (397 Millionen Euro) werden hohe Summen umgesetzt.
Während die häufig verkaufte Vitamin-D-Bestimmung rund 30 Euro kostet, werden bei komplexen Augenoperationen mehrere 1.000 Euro fällig. In der Liste der umsatzstärksten IGeL findet man einerseits Leistungen, die zu relativ geringen Preisen sehr häufig verkauft werden wie zum Beispiel der bereits genannte Ultraschall der Gebärmutter und Eierstöcke (Gesamtumsatz von 143 Millionen Euro). Andererseits findet man Leistungen, die sehr teuer sind, aber aufgrund einer kleineren Zielgruppe seltener verkauft werden wie zum Beispiel Laser-Operationen am Auge.
Region, Geschlecht und Einkommen haben Einfluss auf Inanspruchnahme von IGeL
Bei der Inanspruchnahme von IGeL ergeben sich teils deutliche sozioökonomische Unterschiede. In den südlichen Bundesländern (37%) werden IGeL häufiger in Anspruch genommen als in westlichen (33%), nördlichen (31%) oder östlichen (26%). Maßgeblich dafür scheinen geografisch-kulturell geprägte Präferenzen zu sein. Ein Stadt-Land-Gefälle ist nicht feststellbar.
Frauen (41%) nutzen etwa doppelt so häufig IGeL wie Männer (22%). Die Inanspruchnahme von IGeL steigt mit zunehmendem Alter: Ab einem Alter von 45 Jahren nutzen jede zweite Frau (50%) und etwa jeder dritte Mann (29%) Selbstzahlerleistungen. Bis zu einem Alter von 80 Jahren bleibt dies in beiden Gruppen relativ konstant.
Bei beiden Geschlechtern zählen die meisten der in Anspruch genommenen IGeL zum Bereich der Früherkennungsuntersuchungen. Frauen nennen am häufigsten den transvaginalen Ultraschall und Männer die PSA-Bestimmung zur Früherkennung von Prostatakrebs. Die Befragungsergebnisse zeigen auch: Wer sich mehr leisten kann, bekommt IGeL häufiger angeboten und gibt dafür auch mehr Geld aus.
Die Gesamtbilanz der IGeL überzeugt nicht – die Evidenz ist meistens dünn
Das Wissenschaftsteam des IGeL-Monitors bewertet seit über zehn Jahren evidenzbasiert den Nutzen und Schaden von Individuellen Gesundheitsleistungen und bereitet die Informationen für die Versicherten laienverständlich auf. Ziel ist es, den Patientinnen und Patienten eine wissenschaftsbasierte Entscheidungshilfe für oder gegen den Kauf einer IGeL anzubieten. Der IGeL-Monitor hat aktuell 56 IGeL bewertet – davon 30 Leistungen entweder mit „tendenziell negativ“ oder „negativ“. 23 IGeL haben das Ergebnis „unklar“ − das heißt für ihren Nutzen gibt es meistens keine ausreichende Evidenz. Mit „tendenziell positiv“ schneiden lediglich 3 Selbstzahlerleistungen ab; keine Leistung konnte mit „positiv“ bewertet werden.
Bewertungen stehen im Einklang mit medizinischen Leitlinien
Das Wissenschaftsteam des IGeL-Monitors wertet bei der Analyse des Nutzen- und Schadenpotenzials nicht nur wissenschaftliche Studien aus, sondern gleicht die Ergebnisse auch mit internationalen Leitlinien ab. Leitlinien sind evidenzbasierte Empfehlungen zu medizinischen Maßnahmen, die von den Fachgesellschaften konsentiert werden und die Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten bei der Entscheidungsfindung unterstützen sollen. Der IGeL-Monitor hat seine Bewertungen der am meisten verkauften IGeL aktuell mit den Empfehlungen in den Leitlinien abgeglichen und festgestellt: Sie stehen damit im Einklang.
DNEWS24 veröffentlicht den IGeL-Monitor: IGeL-Report_2024.