Gedankenmacher: Die furchtbare Ambiguitätstoleranz der CDU
Ein überaus sperriges Wort beschreibt den dramatischen Zustand des Kanzlerwahlvereins CDU.
Die Ambiguitätstoleranz beschreibt die Menschen oder eben Parteien zugeschriebene Fähigkeit, mit Mehrdeutigkeiten, Ungewissheiten und Widersprüchen konstruktiv umgehen zu können. Es geht darum, Situationen anzunehmen, in denen kein Wissen um die eindeutige Lösung oder Klarheit vorhanden ist, nicht in Panik zu verfallen oder der Situation einfach auszuweichen.
Karin Prien, die Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Mario Voigt, Ministerpräsident im Freistaat Thüringen (beide CDU) fordern mehr Ambiguitätstoleranz der CDU im Umgang mit der Partei Die Linke.
In der Zeitschrift STERN sagte Prien: „Unsere Zeit verlangt von allen demokratischen Kräften in Deutschland mehr Ambiguitätstoleranz und weniger Dogmatismus.“ Die Union müsse „pragmatisch abwägen“ und „die Stabilität der demokratischen Institutionen“ im Blick haben. Voigt ergänzte: „Bei schwierigen Mehrheitsverhältnissen gilt es, mit Umsicht abzuwägen und pragmatisch zu handeln. Mit einer Partei, die nicht wie die AfD auf einen Systemsturz hinarbeitet, kann die CDU jenseits aller grundsätzlichen Differenzen parlamentarische Absprachen aus staatspolitischer Verantwortung treffen.“
Aha. Die Abschaffung des Kapitalismus in Form der Sozialen Marktwirtschaft und die Einführung des „Demokratischen Sozialismus“ – wie von den Linken-Führungsfrauen Schwerdtner und Reichinnek gefordert – wäre kein Systemumsturz? Deutschland aus der NATO zu führen, wäre kein Systemumsturz? Die gleiche Forderung der AfD wird immer gern als Beweis von deren Extremismus und ihrer Nähe zum Kriegstreiber Putin angeführt.
Die Forderungen von Prien und Voigt zeigen eine eklatante moralische Verwirrung in der Spitze der CDU, die den Streit an der Basis, ob man nicht doch auch mit der AfD und den Linken kooperieren könnte, statt mit der SPD oder den Grünen, widerspiegelt.
Gedankenmacher im DNEWS24Podcast
In seiner ersten Regierungserklärung im Deutschen Bundestag beschrieb Bundeskanzler Friedrich Merz in dieser Woche die Vorhaben der Schwarz-Roten Koalition. Zu den demografischen Herausforderungen sagte er:
Es ist zentral, dass sich alle Menschen auf eine stabile Alterssicherung verlassen können. Deshalb werden wir das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent absichern.
Schon sehr bald werden wir junge Menschen dabei unterstützen, für ihr Alter vorzusorgen und Verantwortung für ihre eigene Zukunft zu übernehmen – mit der sogenannten Frühstart-Rente, durch die bereits ab dem 6. Lebensjahr der Aufbau einer kapitalgedeckten individuellen Altersversorgung beginnt.
Und zugleich werden wir uns der Aufgabe annehmen, den Sozialstaat mit Blick auf eine alternde Gesellschaft zukunftsfest zu machen. Ich stehe auch persönlich dafür ein, dass die jungen Generationen nicht überfordert werden mit Aufgaben, für die ihre Eltern bisher nicht genügend Vorsorge getroffen haben!
Wir werden als Bundesregierung eine Rentenreformkommission einsetzen, die Vorschläge erarbeitet, wie wir die Alterssicherung für alle Generationen gerecht ausgestalten können.
Grundlegende Strukturreformen brauchen wir ebenfalls dringend im Gesundheits- und Pflegesystem. Auch hier werden wir uns Rat von Expertinnen und Experten und den Sozialpartnern holen. Und wir werden die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Gesundheitswesen verbessern.
Die selbsternannte Volkspartei, die bundesweit nur noch jeden fünften Wähler überzeugt, verrät auch unter ihrem Vorsitzenden Friedrich Merz ihre fundamentalen Wertvorstellungen. Die von Friedrich Merz geführte Bundesregierung hat offenbar keinen konkreten Plan für die Bewältigung der demografischen Herausforderungen. Kein großer Wurf in Sachen Rente, Gesundheitspolitik, Pflege. Es gibt keinen Plan für den personellen Aufbau der Bundeswehr, die doch die größte Armee in Europa werden soll. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, wie die vielen zehntausend Ausländer, die sich illegal in Deutschland aufhalten, zum Verlassen des Landes gebracht werden sollen.
Während des Bundestagswahlkampfes prangte am Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale der CDU in Berlin, ein riesiges Plakat: „Haus des Politikwechsels“. Das Plakat ist fort, der Politikwechsel war nie da.
Macht oder Moral? Das ist offenbar eine Frage, die bestimmte Kreise in der CDU längst entschieden haben. Sie werden damit leben und es verantworten müssen, dass sich bei der nächsten Wahl noch mehr Bürger von einer Partei abwenden werden, die nur regieren will, koste es den Bürger, was es wolle.
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