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Der Koalitionsvertrag und die Pflege

Die Schwarz-Rote-Koalition plant eine große Pflegereform. Denn es fehlen Milliarden und Pflegepersonal. Was ist genau geplant?

Aufgrund des demografischen Wandels steigt die Zahl der alten und pflegebedürftigen Menschen rapide. Sind es heute rund sechs Millionen über 80-Jährige, werden es 2050 voraussichtlich acht bis zehn Millionen sein. Damit steigt auch der Bedarf an Pflegepersonal. Das ist dramatisch, denn – zu wenig Fachkräfte gehen in den Pflegeberuf. Zu anstrengend, zu bürokratisch, zu gering bezahlt.

Die neue Koalition aus CDU, CSU und SPD will diese gravierenden Probleme in der Pflege und Pflegeversicherung angehen. Dabei will sie an zwei Gesetze anknüpfen, die bereits von der Ampelkoalition vorgelegt wurden – die Gesetze zur Pflegekompetenz und zur Pflegeassistenz. Zusätzlich ist eine „große Pflegereform“ geplant. Dafür wird mal wieder eine Kommission gegründet. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll noch in diesem Jahr Vorschläge erarbeiten.

Mehr Kompetenz für Pflegekräfte

Erster zentraler Punkt der neuen Regierung ist das Pflegekompetenzgesetz. Damit soll der Pflegeberuf attraktiver werden. Mit dem Pflegekompetenzgesetz sollen Pflegekräfte mehr Befugnisse erhalten und damit ihre erworbene Qualifikationen besser nutzen können. So sollen sie bei der Versorgung von Diabetes, Wundheilungsstörungen oder Demenz mehr eigenständige Entscheidungen treffen dürfen, ohne ständig auf eine ärztliche Weisung warten zu müssen.

Christine Vogler vom Deutschen Pflegerat erklärt an einem Beispiel, warum diese Änderung so wichtig wäre: Pflegefachpersonen in der ambulanten oder häuslichen Versorgung versorgen täglich Patienten und Pflegebedürftige, pflegen beispielsweise Wunden. Das dafür benötigte Material darf bislang in Deutschland jedoch nur von Ärzten verschrieben werden. Für neues Wundmaterial muss das Pflegepersonal also zum Arzt gehen und sich ein Attest verschreiben lassen. „Das passiert täglich tausendfach in Deutschland. Diese Wege sind unnötig, verursachen aber Kosten“, so Vogler gegenüber dem DLF.

Mit dem Pflegkompetenzgesetz ließen sich nicht nur zeitraubende Wege und unnötige Arbeitsabläufe einsparen. Den Pflegefachkräften werde vermittelt, dass sie ausreichend kompetent seien, um Verantwortung übernehmen zu können. Das mache den Pflegeberuf attraktiver, so die Hoffnung der Koalitionäre.

Neue Aufgabenverteilung in der Pflege

Pflegefachpersonen sollen künftig durch Pflegefachassistenzpersonen entlastet werden, die dafür eine bundeseinheitliche und angemessen vergütete Ausbildung durchlaufen.

Experten fordern länderübergreifend gleiche Weiterbildungsstrukturen und Masterstrukturen in der Pflege, so wie es sie in anderen Ländern gibt. Die Situation derzeit zeigt ein zerklüftetes föderales System: Bildung ist Ländersache, der Berufszugang wird durch den Bund geregelt, die Berufsausübung wiederum durch die Länder. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die bislang 27 verschiedenen, landesrechtlich geregelten Pflegehilfe- und Pflegeassistenzausbildungen abgelöst werden sollen.

Unterstützung für die häusliche Pflege

Union und SPD wollen die rund fünf Millionen pflegenden Angehörigen stärken und mehr Angebote für pflegerische Akutsituationen schaffen.

Versorgungsstrukturen wie Tagespflege, Unterstützung zu Hause oder Nachbarschaftshilfen sollten gestärkt werden, um die Vereinbarkeit von Sorge- und bezahlter Arbeit zu verbessern.

Durch die Einführung es Berufsbildes der „Advanced Practice Nurse“ soll die Gesundheitsfürsorge und soziale Beratung vor Ort in Dörfern und Stadteilen verbessert werden. Dafür braucht es dann wieder gut ausgebildete Pflegekräfte.

Auch sollen neue Wohnformen gezielt gefördert werden, beispielsweise Wohnprojekte, die Alternativen zum betreuten Wohnen und zu den klassischen Pflegeheimen darstellen (sogenannte Senioren-WGs).

Kommission zur Finanzierung der Pflege

2024 meldeten die Pflegekassen ein Defizit von mehr als 1,5 Milliarden Euro. Die Ampelregierung hat daraufhin die Versicherungsbeiträge erneut erhöht. Zugleich ist die Zahl der Pflegebedürftigen zuletzt auf mehr als 5,8 Millionen gewachsen. Die Situation wird sich noch verschärfen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in den kommenden Jahren in Rente gehen. Obwohl die Finanzierung der Pflege ein immer drängenderes Problem darstellt, finden sich konkrete Festlegungen, wie die künftige Regierung die Pflege in dieser Situation finanziell sichern will, im Koalitionsvertrag nicht.

Dieses Manko soll nun eine neue Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Ministerebene unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände Inhalte ausgleichen. Diese soll ihre Ergebnisse noch in diesem Jahr vorlegen.

Bildnachweis: rawpixel, freepik © DNEWS24

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