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Bundestagswahl: Wen kann man, sollte man noch wählen? WikiPetra

Die Qual der Wahl – unser System steht unter Druck. Ein Kommentar von Petra Fritz in DNEWS24.

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Ich gebe es zu: das erste Mal in meinem Leben bin ich als Wähler ziemlich desillusioniert. Ich gebe in Diskussionen keine klugen Ratschläge mehr und bin des Erklärens müde. Viel schlimmer, ich sehe mich täglich mehr eines halbwegs sachlich-sinnvollen Urteils beraubt und frage mich, ob eine Stimmenabgabe zwischen Pest und Cholera überhaupt noch opportun ist. Ja ich ertappe mich sogar dabei, das ganze nur noch als ein Possenspiel zu betrachten, das mich als „unabhängige kinderlose Waise mit liberalem Ehemann“ bei steigender Egozentrik täglich zwischen Resignation und Gleichgültigkeit zurückläßt. Einige meiner Freunde und Bekannte denken schon länger so; gemäß dem Motto: Ich hab‘ sie nicht gewählt, da bin ich auch nicht schuld?

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?

Keineswegs, auch wenn folgende 3 Aspekte – wie ein Bekannter sie formuliert – ziemlich unstrittig sein dürften:

Die weltweiten Flüchtlingsströme (aus dem Süden nach Westeuropa oder den USA) sind praktisch nicht und theoretisch nur durch harte Grenzkontrollen bzw. Errichtung unüberwindlicher Befestigungsanlagen entlang der Grenzen zu unterbinden. Schon in meiner Jugend hörte ich in politischen Krisenzeiten und gefühlter Überfremdung häufig den Ulk-Spruch: „Kommen Sie zu uns, bevor wir zu Ihnen kommen“ – nun sind sie da.

Das „Dublin-System“, also die einmalige, einheitliche Prüfung eines Asylantrages innerhalb der EU, ist weitgehend als gescheitert zu betrachten. Der seit der Regierung Merkel starke Zustrom von Migranten nach Deutschland wird bis heute durch die zuständigen Stellen bei Bund, Ländern und Kommunen – aus verschiedenen Gründen – unzureichend gesteuert; die Bearbeitung von Ausweisungs-/ Rückführungs- und Asylverfahren verläuft geradezu hyperbürokratisch und (bewußt?) langsam. Die Integration (je nach Aufenthaltsstatus) ist trotz diverser Bemühungen weitgehend mangelhaft und kennt keinen geregelten Maßnahmen- und Konsequenzenkatalog bei Verweigerung usw. Und das, obwohl Nichtstun und Abwarten seit je her als die schlechteste Lösung gilt. Trotzdem herrscht offensichtlich seit längerem der Glaube vor: Wer nichts macht, macht auch nichts verkehrt – ist nicht angreifbar.

Wurde der Unmut über steigende Migrantenzahlen in Deutschland anfangs hauptsächlich von der AfD thematisiert, machen sich diesen inzwischen alle Parteien im Wahlkampf (auf Stimmenfang) zu eigen. Hinzu kommen Gräueltaten einzelner Personen mit Migrationshintergrund, die die gefühlte Sicherheit der Bundesbürger immer mehr in Frage stellen.

Aber ist die Migration wirklich das wichtigste Problem?

Viel folgenschwerer wiegen m.E. die seit Jahren desaströse grüne Wirtschafts- und Energiepolitik durch ideologisch verblendete „Fachleute“ in den zuständigen Ministerien, mit der Konsequenz einer zunehmenden Wirtschaftslähmung bzw. voranschreitender „Industrieflucht“. Verbunden mit einem nicht unerheblichen Glaubwürdigkeits- und (internationalen) Imageverlust, einhergehend mit einer wachsenden Isolation auf der politischen Weltbühne durch eine zögerliche, verfehlte Außenpolitik. Das Aus für die Marke „Made in Germany“.

Hinzu kommt ein kontinuierlich wachsendes demografisches Problem, dass sich nicht nur hinsichtlich des Fachkräftemangel zeigt, sondern auch in einer immer schwierigeren Finanzierung der Versorgungswerke wie Renten, Pflege, Krankenkassen äußert. Nüchtern betrachtet: die Kassen sind leer und keiner traut sich es zu sagen. Der demografische Wandel durch die Babyboomer-Generation ist schließlich seit Jahrzehnten bekannt. Man erinnere sich nur an Norbert Blüm – Gott hab‘ ihn selig – „die Rente ist sicher“. Ist die gesetzliche Rente es tatsächlich noch? Schon heute hat Deutschland mit 48% des letzten Nettogehaltes eine der schlechtesten „Returnraten“ im Verhältnis von Ein- und Auszahlung bei stetig steigender Rentenverwässerung durch Anhebung des Rentenalters. In der Schweiz sind es immerhin durchschnittlich 67% des Nettogehalts.

War mit einer Verschiebung der handelsökonomischen Schwerpunkte in der Welt für exportdominierte Volkswirtschaften und neuen Kriegsschauplätzen wirklich nicht zu rechnen? Unvorteilhafte Abhängigkeiten sind Deutschland und der EU seit Jahren bekannt und werden nun einzig durch massive geplante Eingriffe in den Welthandel durch die USA (Strafzölle, Wirtschaftskrieg gegen China) beschleunigt. Eine Neuauflage des „Kalten Krieges“ zeigt einzig das Nachrüstungsdefizit der Bundeswehr. Überdies verschlingt die Erhöhung des NATO-Budgets und die Unterstützung der Ukraine riesige, nicht budgetierte Mengen an Steuergeldern. Aber was soll der Aufschrei? Der geforderte 2%-Rüstungsanteil am BSP wurde in den letzten Jahren ganz einfach unterlaufen, um Finanzierungslücken zu kaschieren und die Nation vermeintlich gut aussehen zu lassen. Ähnlich verhält es sich bei Investitionsversäumnissen bei der volkswirtschaftlichen Infrastruktur (Bau, Verkehr) sowie bei Bildung und Wissenschaft. Und nein, Merkel wird für ihre „übersoziale“ Flüchtlingspolitik nicht mehr – wie wohl erhofft – den Friedensnobelpreis erhalten, stattdessen müssen wir uns nun fragen „Wie können wir es wieder schaffen?“

Nur lapidar zu sagen Trump und Putin sind schuld, wäre wirklich zu einfach. Nein, Europa und insbesondere Deutschland haben es – nicht ohne eine gewisse Arroganz – einfach versäumt, ihre wohlsituierte, erarbeitete Position weiterhin zu sichern und entsprechend rechtzeitig zu agieren, statt nun panisch und schulterzuckend zu reagieren. Das alles ist zum Großteil ein Erbe von 16 Jahren merkelscher „Schaukelpolitik“; angefangen vom überstürzten Atomausstieg, bis hin zu kaum kontrollierten Flüchtlingsströmen, der Abschaffung der Wehrpflicht, Bankenrettung usw. Für mich erwartungsgemäß getoppt von 3,5 Jahren gescheiterter Ampelregierung. Ich hatte der Koalition seiner Zeit maximal 2 Jahre gegeben; länger war es im Grunde auch nicht.

Das Schlimme ist, dass weder die erstarkende AfD, noch die CDU unter Merz (oder wem auch immer) wirkliche alternative Lösungen haben. Das Kind ist tief in den Brunnen gefallen. Betrachtet man die Werbeplakate, Talkshows und Gesprächsrunden, fehlt es mittlerweile fast völlig an vernünftigen Sachdiskussionen. Stattdessen warnt die CSU vor den Grünen, die FDP vor den Sozialdemokraten, die Linken vor allen bürgerlichen Parteien, die AfD vor allen außer sich selbst. Und die SPD – unter einem plötzlich lauten redseligen „Nochkanzler“ Scholz – hofft nun auf Stimmenzuwachs, indem sie der CDU künftiges Paktieren mit der AfD vorhält. Was für eine Farce und fast wie früher in der Weimarer Republik.

Der neue „Messias“ Merz steckt also in einem Dilemma, welches er 3 Wochen vor der Wahl vielleicht nicht unbedingt clever gelöst, aber a la Trump zumindest seine Haltung offen kundgetan hat. Einerseits lähmt die „Brandmauer“ den politischen Betrieb, weil die Parteien nur noch Entscheidungen treffen können, welche die AfD ebenfalls ablehnt. Andererseits kann die CDU als bürgerliche Partei wohl nicht darauf verzichten, Vorstöße einzureichen, die zwar teilweise dem „merkelschen Markenkern“ entsprechen, aber Gefahr läuft, automatisch bzw. zwangsweise Unterstützung von der AfD zu erhalten. Auch das ist Demokratie und deshalb die schwierigste aller Regierungsformen.

Wenn die CDU mit der AfD „zusammenarbeitet“ oder deren Zustimmung toleriert, bereitet sie – ggf. ohne es zu wollen – rechtsextremen Partei den Weg in die bürgerliche Mitte – so wie in Österreich oder Italien auch. Und ja, auch wenn Merz die AfD kritisiert und die Distanz betont, wird ein extremeres Denken gewissermaßen normalisiert. Es besteht die reale Gefahr, dass die CDU am Ende von einer Teilwählerschaft abgestraft wird, weil das Original, also die AfD, glaubwürdiger ist. So lief es bei Le Pen in Frankreich oder Kickl in Österreich.

Das Kreuz mit dem Kreuz

Fakt ist: Eine Nation muß langfristig – heute mehr denn je – wie eine Firma geführt werden und genügend Geld erwirtschaften, um es an anderer Stelle zum Wohle seiner Bürger ausgeben zu können. Ein Punkt, den fast alle Parteien gerne beflissentlich übersehen. Permanentes „Gelddrucken“, Steuer- und Abgabenerhöhungen sind der Anfang einer unendlichen Abwärts- und Inflationsspirale. Ich weiß aktuell nicht, wen ich wählen werde und gelangen meine Briefwahlunterlagen nicht pünktlich an meinen derzeitgen Aufenthaltsort, hat sich die Sache sowieso erledigt. Am liebsten würde ich alle Parteien mit einer Totalverweigerung abstrafen. Im Zweifelsfall gebe ich dieses Mal mein Kreuzchen einfach dem vermeintlich schwächsten liberalen Kandidaten, um eine möglichst große Parteienvielfalt in Deutschland zu gewährleisten. Allerdings wohlwissend, daß eine zunehmende Zersplitterung der Koalitions- und Parteienlandschaft – wie andere Länderbeispiele zeigen – eher selten zeitnah zu einer erfolgreichen und inegrativen  Umsetzung von zielführenden  Maßnahmen führt.

Bild: Mika Baumeister, Ricardo Gomez Angel unsplash, Thomas Köhler, Tobias Koch phototek Bundestag © DNEWS24

Die Autorin

Petra Fritz

Die Autorin ist von Beruf Dipl-Kfm (Uni Mannheim), Jahrgang 1960, verheiratet, wohnhaft in Speyer und Locarno. Sie war 4 Jahre Personalleiterin bei den US-Streitkräften (AAFES) in Stuttgart und Heidelberg und in Folge 12 Jahre im Pharma-Management von BASF (Auslandsvertrieb) tätig, davon 18 Monate bei der Tochtergesellschaft Quimica Knoll in Mexico.

Von 2002 bis 2022 war Petra Fritz selbständige rechtliche Berufsbetreuerin (Vormund) und Verfahrenspflegerin für verschiedene Amtsgerichte in der Vorderpfalz. Seitdem widmet sie sich verstärkt ihrer Coaching- und Autorentätigkeit.

Privat war Petra Fritz Leistungssportlerin im Eis- und Rollkunstlauf (u.a. Teilnehmerin bei der Profi-WM 1978 und Top 10 1979), später 14 Jahre lang Vize-Präsidentin des Rheinland-pfälzischen Eis- und Rollsportverbandes sowie Repräsentantin „Frau im Sport“. Heute ist sie in der Freizeit gerne auf dem Wasser und auf Ski unterwegs. Ansonsten agiert sie seit 2012 auch als semi-professional Bestager-Model, Darstellerin, Moderatorin und Bloggerin für „Topagemodel.de“.

Petra Fritz hat das Buch „Mittendrin statt nur dabei“ veröffentlicht.

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