Ausstellungstipp: Zeitreise ins alte Tiergartenviertel Berlin
Eine frei zugängliche Präsentation der Kunstbibliothek erinnert an die kreative, kunstbegeisterte Bewohnerschaft rund um den Matthäikirchplatz vor 100 Jahren. Bilder und Texte zum Leben und Wirken ehemals berühmter Anwohner erzählen von einer glanzvollen Epoche, die 1933 durch den NS-Staat brutal beendet wurden.
Am Kulturforum bilden heute Museen, Bibliotheken und die Philharmonie ein weltweit einzigartiges Architekturensemble der Moderne – bald ergänzt durch das im Bau befindliche Museum „berlin modern“ für die Kunst des 20. Jahrhunderts. Nur die wenigsten wissen, dass das heutige Kulturforum schon vor 100 Jahren ein Forum der Kultur und des Aufbruchs in die Moderne war. Allerdings sah es damals ganz anders aus: Das Tiergartenviertel war eines der elegantesten Wohn- und Geschäftsquartiere Berlins. Rund um die Matthäikirche lebten vermögende Unternehmer, Kulturschaffende und Intellektuelle in prächtigen Häusern. Was alle verband, war ihre Leidenschaft für Kunst, Literatur, Musik und Mode.
Die Kunstbibliothek, die dieses versunkene Atlantis der Moderne intensiv erforscht, lädt mit ihrer Präsentation ein zu einer faszinierenden Zeitreise in die Vergangenheit des Kulturforums. Mit einem Mal werden Erinnerungen an längst vergessene Menschen wieder lebendig, die für die Künste und mit den Künsten lebten, und deren Leidenschaft wir bis heute viel verdanken. Mit der Präsentation reagiert die Kunstbibliothek auf die große Publikumsresonanz ihrer Vortragsreihe „Kunstgeschichte(n) des Tiergartenviertels“, die auch 2025 fortgesetzt wird. In dieser Reihe stellen Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichsten Disziplinen ihre aktuellen Forschungen zur Geschichte des Ortes vor.
Das Tiergartenviertel – eine vergessene Welt
Das Tiergartenviertel galt seit den 1860er Jahren als eines der schönsten Viertel Berlins. Aus einem Ort der „Sommerfrische“, mit Sommerhäusern und riesigen Gärten, entwickelte sich bald eine begehrte Wohngegend. In den 1910er- und 1920er-Jahren war das Viertel dann der „place to be“ für Künstler und Kunsthändler, Innenarchitekten, Modeschöpfer und Fotografen. Nach dem radikalen Bruch durch die Zeit des Nationalsozialismus, Kriegszerstörungen und Abrissen in der Nachkriegszeit blieb kaum etwas vom einstigen Glanz. Heute ist das Viertel ein Mythos. Von mehr als 529 Häuserensembles sind nur 17 erhalten.




