Das ehemalige Jesuitenkolleg in Mindelheim beherbergt das Krippenmuseum.
In Mindelheim sind viele Informationen zur Geschichte, Bedeutung und Symbolik der Krippen zu bewundern.
„Damit fing alles an“, meint Christian Schedler. In seinen Händen, die in weißen Stoffhandschuhen stecken, hält der Leiter des Mindelheimer Kulturamtes behutsam seinen größten Schatz: eine 8,5 Zentimeter große Figur aus Holz. So unscheinbar und doch von unschätzbarem Wert, denn es ist das älteste Jesulein der Welt aus der Zeit um 1300. Das Unikum ist das Prunkstück des Schwäbischen Krippenmuseums in Mindelheim.
Ein langer Gang in anthrazitgrauem Teppich liegt vor einem, unterbrochen von zwei roten Portalen, rechter Hand gehen die offenen Räume des ehemaligen Jesuitenkollegs ab, aufgelockert durch viele Kreis- und Lichtelemente.
Mittendrin thront, selbstverständlich hinter Panzerglas, das älteste Jesulein. Aus einem Kloster in Leutkirch fand es den Weg nach Mindelheim. Locker im Schneidersitz, eine Hand an der Fußsohle, einen Finger im Mund – so bewegt und kindlich dargestellt fällt es völlig aus seiner Zeit. „Denn erst ab dem Jahr 1500 verbreitet sich die Christkind-Verehrung in alle Welt bis nach Lateinamerika. Übrigens stammt die Idee, das Jesus-Kind aus der Krippe herauszulösen und einzeln zu verehren, aus schwäbischen Frauenklöstern“, erzählt Christian Schedler.
Von Ton und Papier bis Holz, von klassisch-alt bis abstrakt-modern, von Volkskunst bis zu hoher Kunst: 40 sehr unterschiedliche Krippen sind in ihrer ganzen Vielfalt und Pracht aufgebaut und zu bewundern, als Miniatur-Landschaften professionell ausgeleuchtet wie auf einer Mini-Theaterbühne. Zum Beispiel gibt es eine große Münchner Krippe aus dem Jahr 1910, eine barocke Krippe aus dem kleinen Örtchen Apfeltrach oder auch die Krippe der Wittelsbacher. Das Adelsgeschlecht hatte seine Figuren im Exil eigenhändig hergestellt. Wie das vonstatten ging, hören die Besucher per Knopfdruck, nacherzählt aus persönlichen Aufzeichnungen von Prinzessin Eleonore. In vielen Vitrinen rund herum sind einzelne Figuren und Kleingruppen herausgepickt und in Szene gesetzt, so dass sie richtig lebendig wirken. In einem Raum ist ein Zeichentrickfilm eines russischen Künstlers zu sehen, der sich dem Thema Krippe widmet, in einem anderem Raum ist eine Art Cartoon eines Kölner Künstlers ausgestellt. Dazu gibt es verschiedene Hör- und Mitmach-Stationen sowie Guck-Kästen, die den Besucher durch ihre räumliche Tiefe mit in den dargestellten Schauplatz ziehen.
Vitrinen von der Stange findet man nicht. „Das Museum wurde um die Exponate herumgebaut“, erklärt Friederike Haber. Die Leiterin des Krippenmuseums hat zusammen mit Christian Schedler viel Herzblut, Energie und Recherchen in dieses Projekt gesteckt. Eigens ist die Kunsthistorikerin auf Kirchendachböden herumgekrochen, um dort vergessene und verstaubte Krippenfiguren zu entdecken und sie in ihr Museum zu bringen. Die Begeisterung der beiden ist einfach ansteckend – wenn sie beispielsweise vom zweiten Prunkstück schwärmen: ein stehendes Jesulein vom spätgotischen Bildschnitzer Michel Erhart aus Ulm, um 1500 entstanden. Das teure Stück wird ebenfalls mit Argusaugen bewacht.
Das Schwäbische Krippenmuseum hat in Mindelheim seinen perfekten Platz. Denn hierher kamen vor 400 Jahren die Jesuiten, bauten das Kolleg und entdeckten die Krippe als Medium, um die Geburt Jesu zu verkünden. Von hier aus ging die Begeisterung für Krippen in alle Himmelsrichtungen. Noch immer wird jedes Jahr die älteste und größte Krippe Schwabens im Chorraum der benachbarten Jesuitenkirche aufgestellt, und zwar vom 1. Adventssonntag bis zu Lichtmess am 2. Februar. Nur ein Katzensprung entfernt das Jesuitenkolleg: „Unser Museum ist in spannendem Sinne unübersichtlich. Es macht Spaß, sich darin zu verirren. Wer sich darauf einlässt, verbringt hier gut und gerne zwei Stunden. Oder auch den ganzen Tag wie so mancher Krippen-Freak oder Krippen-Schnitzer“, meint Schedler.
Ein Highlight – vor allem, aber nicht nur zur Weihnachtszeit!