Ausstellungstipp: New Realities - Fashion Fakes. Museum für Kommunikation Frankfurt (Main)
Was passiert, wenn Künstliche Intelligenz die Modewelt neu erfindet? Die Ausstellung „New Realities: Fashion Fakes – KI Fabriken“ untersucht die Schnittstelle von Mode, (Mode-)Fotografie und und KI-Visualisierung, denn als kulturelles Phänomen ist Mode stets mit ihrer „Vorführung“ und noch stärker mit ihrer Abbildung verbunden.
Gleich am Eingang der Ausstellung empfängt die Gäste das zentrale Key Visual – ein großformatiger Fotoprint (120 x 180 cm), der die Ästhetik KI-generierter Modebilder auf den Punkt
bringt: Hyperrealistische Texturen, irisiert schimmernde Materialien, überzeichnete Stilelemente sowie unlogische Strukturen erzeugen eine fast surreale Bildwirkung.
Doch das betont Synthetische dieser Szene wird gebrochen: Ein kleiner Überwachungsmonitor vor dem Bild zeigt dasselbe Motiv aus einer anderen Perspektive und als nüchtern monochromes Video, in dem nur wenig passiert, zeigt das Setting des Großformats ohne die künstlichen Glanzeffekte. Übrig bleibt ein leerer Parkplatz. Realität oder Fiktion? Die Bilderserie „Fashion“: Wie entstanden die Bilder? Im Mittelpunkt steht eine mit KI-generierte Serie gerahmter Bilder wie in einer Fotografie-Ausstellung. Die Bilder inszenieren Mode nicht als tragbare Kleidung, sondern als Symbol und Geste. Statt futuristischer oder spektakulärer Szenen sieht man scheinbar Alltägliches: Menschen auf Parkplätzen oder beim Warten. Die Bilder erzählen keine klaren Geschichten, sondern lassen Raum für Deutungen. Mode wirkt hier weniger wie eine greifbare Kollektion, sondern als Teil eines visuellen Systems, das Zeichen und Inszenierungen in den Fokus rückt.
„Menschen tragen Mode, Maschinen machen Mode und das Museum zeigt Mode. Doch so leicht wie es scheint, ist es nicht. Wir möchten unsere Besuchenden dazu ermuntern, sich auf
diese Bilder einzulassen und den unzähligen Erzählsträngen bzw. der KI auf die Spur zu kommen, die diese Ausstellung mitkuratiert hat.“Dr. Annabelle Hornung, Direktorin Museum für Kommunikation und Kuratorin
Digital-Kuratorin Maren Burghard nutzt KI-basierte Bildgeneratoren wie Midjourney, um Bilder von Menschen, Orten und Situationen zu erstellen. Doch KI greift auf Datensätze zurück, die – wie alle menschlichen Daten – oft von Diskriminierungen geprägt sind. So spiegeln die generierten Bilder bestehende visuelle Verzerrungen wider: Sie reproduzieren Schönheitsnormen, stereotype Körperbilder und einseitige Geschlechterrollen, die auch in der Modewelt tief verwurzelt sind.
Zwei der Bilder sind großformatige Porträts. Hier haben Gäste die Gelegenheit, mit KI generierte Bilder einmal in all ihren kleinen Details zu begutachten: Wie gut stellt KI Haut dar, wirken Augen realistisch?
Zusammenarbeit mit der KI: Künstliche Intelligenz kuratiert mit
Die meisten Inhalte der Ausstellung – nicht nur die Bilder – wurden mit Hilfe spezialisierter KI-Assistenten entwickelt. Die Kuratorinnen nutzten KI als Co-Kuratoren: Titel, Texte oder Sprüche entstanden in Zusammenarbeit mit KI-Systemen.
Ausgenommen davon sind Texte von Experten aus Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft, die die Arbeitsweise der KI erklären und neue Perspektiven auf digitale Ethik eröffnen.
In dem ebenfalls nach KI-Vorgaben gestalteten Rauminstallation Input, Output können die Besucher spielerisch erkunden, wie sich die Wahrnehmung ändert, wenn KI-generierte Inhalte das Digitale verlassen und in analoge Formen überführt werden. Sie öffnen Schubladen und Kisten, setzen sich an den Schreibtisch, verweilen in Leseecken oder entdecken Sonderexponate,
die teils eigens für die Ausstellung entstanden. Dabei treffen sie auf zahlreiche mediale Inhalte, die auf Textvorschlägen von KI-Systemen basieren. Die Kuratorinnen gaben nur eine lose Rahmenstory vor. So entstanden Notizen, Aufkleber und Plakate einer fiktiven Mode-Gewerkschaft. An einer Medienstation können die Gäste die KI entlarven und testen, wie treffsicher sie KI-generierte Bilder erkennen.
Postuniformen 2025: Wie kreativ ist KI ohne menschlichen Eingriff?
In einem Experiment analysierte Chat GPT historische Dienstkleidung der Deutschen Post aus der Sammlung der Museumsstiftung zu dem das Museum für Kommunikation gehört. Die KI erkannte stilistische sowie funktionale Merkmale und entwarf Vorschläge für das Jahr 2025. Davon ausgehend erstellte der Bildgenerator Midjourney mithilfe von KI-Prompts visuelle Entwürfe. Ein Sammlungskustos und eine Ingenieurin für Bekleidungstechnik prüften die auf den ersten Blick
spannenden Ergebnisse und wie kreativ die KI tatsächlich gearbeitet hat: „Entwurf ungeeignet für den tatsächlichen Arbeitsalltag.“ – ist eines der Urteile. Neun der Visualisierungen der Dienstbekleidung sind in der Ausstellung zu sehen.




