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Was macht eigentlich Fußball-Legende Hans-Peter Briegel?

Petra Fritz traf die „Walz aus der Pfalz“.

WikiPetra – Reportagen, Hintergrund-Recherchen, Kommentare von Petra Fritz in DNEWS24

3:2 für den guten Zweck hieß es kürzlich beim Auftritt der namhaften „Lotto-Elf“ unter der Ägide von Hans-Peter Briegel gegen eine Ü-40-Mannschaft des ASV Speyer Nord. Zugunsten der Sozialen Anlaufstelle Speyer (SAS) konnte so der zuständigen Dezernentin durch Toto-Lotto-RLP-Moderator Tom Haberer ein Scheck in Höhe von 8000.- Euro übergeben werden und der ausrichtende Verein profitierte überdies vom regen Zuschauerzuspruch.

Geld, daß die Einrichtung gut gebrauchen kann, platzt sie seit einiger Zeit doch aus allen Nähten. Bis zu zwanzig Bedürftige und Obdachlose kamen zuletzt regelmäßig in das Haus am Festplatz, um zu duschen und sonstige Unterstützung zu suchen. Doch das Haus war seit Anfang August wegen Unstimmigkeiten zwischen den ehrenamtlichen Mitarbeitern und der Stadt Speyer geschlossen.

Kick’n’Rush oder Spendengelder in der Warteschleife?

Zwei Tage vor dem Spiel dann die klärende Botschaft, daß demnächst der Arbeiter-Samariter-Bund die Obdachlosen-Einrichtung übernehmen werde und somit niemand im „Regen stehen“ müsse.

Nach einigen „Fouls“ nun also doch ein gelungener „Doppelpaß“. Die knapp 800 Zuschauer wurden sportlich nicht enttäuscht, denn im Nachgang zum Kindertraining unter der fachkundigen Anleitung von Dariusz Wosz (Ex-VfL Bochum und A-Nationalmannschaftsspieler), war die „Lotto-Elf“ einmal mehr prominent besetzt: Mit Guido Buchwald (u.a. Weltmeister 1990), Henning Fritz ( WM Ex-Torwart der Handball-Nationalmannschaft), Marco Reich, Roger Lutz, Oliver Schäfer (alle Ex FCK) und vielen anderen, liefen wahre Sportgrößen auf. Und schließlich wurde die Teamaufstellung und das Coaching von Fußballlegende Hans-Peter Briegel persönlich vorgenommen.

Bodenständige Lokalgröße und gefragter Kosmopolit in einer Person

ER hat hier Heimspiel, denn Briegel wohnt seit vielen Jahren nur 20 Kilometer entfernt in Sondernheim. „Bei der Spieleraufstellung mußt Du flexibel und bis zur letzten Sekunde auf dem Sprung sein; einer steht plötzlich im Stau, ein anderer ist unvorhersehbar nicht fit“, so Briegel im Telefonat. Man merkt ihm an, daß der inzwischen 68-Jährige immer noch vor Energie sprüht und sich gerne für andere engagiert. Im Gespräch klingt seine Stimme wie die eines 35-Jährigen. Fußball ist nach wie vor Briegel’s Element und um nichts in der Welt hätte er etwas anders machen wollen. Alles begann beim 1. FC Kaiserslautern und gipfelte u.a. im Gewinn der EM und der zweifachen WM-Vizemeisterschaft 1982 und 1986.

Aus der Pfalz auf die Walz

Der talentierte Ex-Leichtathlet wurde zwar nie Deutscher Meister (dennoch Fußballer des Jahres 985), gewann 1985 aber die Italienische Meisterschaft mit Hellas Verona und wurde 1988 italienischer Pokalsieger mit Sampdoria Genua. Auch seine Trainerlaufbahn begann in der kleinen Pfalz in Edenkoben und führte ihn als Vereinstrainer bis in die Türkei zu Besiktas Istanbul und Trabzonspor. In der Türkei habe es ihm mit am besten gefallen, allerdings mußte er dort 1999 auch das schwere Erdbeben mit 70.000 Toten miterleben. Auch seine Wohnung sei dabei verwüstet worden und seine Frau hätte daraufhin besorgt das Land verlassen.

Von 2002 bis 2006 fungierte er gar als Nationaltrainer von Albanien und in Folge von Bahrain. Da sind Weltoffenheit und Einfühlungsvermögen – auch seitens der Familie – gefragt. „Im Vordigitalen Zeitalter bekam man eines Tages einfach einen Anruf, ob man an dem Job Interesse hätte“ … „In ganz Albanien gab es damals nur zwei Rasenplätze und die Rückfahrt nach Tirana vom 100 Kilometer entfernten Skodra, wo Rußland mit 3: 1 besiegt wurde, dauerte im Bus 3,5 Stunden. Kein Vergleich also zu heute“.

Überraschende Begegnung in Albanien

Als ich einmal ein paar Tage Urlaub in Tirana und Umgebung mache, sitzt Briegel ganz alleine in einer kühlen Hotelhalle am Strand von Durres. Als ich ihn im Vorübergehen mit „Hallo Herr Briegel“ grüße, schaut er erstaunt von seinen Papieren auf. Offensichtlich wähnte er sich incognito. Vor Ort ist er gerade mit dem albanischen Nationalteam im Trainingslager. Da mein Mann seinem Stürmer-Star Igli Tare seinerzeit juristisch beim Fußfassen in Deutschland behilflich war, kommen wir schnell in’s Gespräch. Prompt gesellen sich zum Kaffeeplausch auf der Hotelterrasse auch ein, ob des Wiedersehens, erfreuter Tare und Axel Roos (damals Assistenztrainer) dazu. So klein ist die Welt. Igli Tare sollte auch nach seiner Aktivenzeit im Ausland Karriere machen. Zuletzt (bis 2023) war er Sportdirektor bei Lazio Rom.

2004 gelang Briegel mit seinem „Skipetaren-Team“ in der WM-Qualifikation ein weiterer besonderer 2:1 Sieg gegen Europameister Griechenland und kurzzeitig wurde er wie „Otto Rehagles“ zu einer Art Nationalheld. Man munkelt bis heute, daß damals so manches Kind in Folge den Vornamen Hans-Peter erhielt.

Wieso das Engagement in der „Lotto-Elf“ und der Mexico-Stiftung?

In der „Benefiz-Lotto-Elf“ von Rheinland-Pfalz begeister(te)n neben Fußballexperten auch Sportler anderer Disziplinen wie Ronny Weller (Boxen), Peter Joppich (Fechten), Alexander Leipold (Ringen) und Showgrößen wie Guido Cantz. Weit über vier Millionen Euro wurden so schon im sprichwörtlichen Sinne „eingespielt“. Viele Spiele davon hat HPB selbst bestritten. Bravo!

Aber nicht nur die Lotto-Elf, deren Regie er von Fußball-Urgestein Horst Eckel übernahm, liegt ihm am Herzen, sondern auch das Kindermissionswerk der „Sternsinger“ und die „Mexico-Fußballhilfe.“ Letztere wurde 1986 im Nachgang zur Fußball-WM ins Leben gerufen und wird vor Ort von katholischen Padres geleitet, die sich um Ernährung und Schulbesuche der bedürftigen Kinder kümmern. Als Briegel bei einer Informationsreise nach Mexiko 2008 dort Kinder auf einer riesigen Müllhalde – ähnlich Bangladesh oder Nigeria – im Pappkarton hausen sah, fühlte er sich in seinem Bemühen um Spenden bestätigt. Auch, wenn es „nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist.“

Ich selbst habe in den Jahren 1995/ 1996 in Mexico gelebt und gearbeitet und kann seine Gedanken beim Anblick der riesigen Müllhalde nachvollziehen. Je nach dem in welchen Stadtvierteln man sich bewegt, gehören bettelnde Kinder und dahin vegetierende – meist körperlich beeinträchtigte – Personen zum Alltagsbild (insbesondere im Norden von Mexico-City). Die meisten zählen zur indigenen Bevölkerung und versuchen sich durch artistische Einlagen und Putzen von Autoscheiben während den Rotphasen ein paar Pesos zu verdienen. Abgesehen von den Benzindämpfen, auf teils sechsspurigen Straßen ein gefährliches Unterfangen. Zeit für Schule bleibt da nicht, jedoch ist jeder Beitrag zum Lebensunterhalt wichtig. Manche bieten auch kleine Dienste wie Parkplatzeinweiser, Laufbursche, Gepäckträger oder Autoputzer an. In einem Land ohne funktionierende Sozial- und Obdachlosenhilfe eine andere Dimension, als in Deutschland. Meist sind es Ausländer, die den Betroffenen überhaupt etwas geben – sei es Geld, Kleidung oder Lebensmittel. Gerade die bessergestellten (hellhäutigen) Mexikaner schauen an den Menschen dritter Klasse ziemlich ungerührt vorbei. Ein Grund: Es gibt einfach zu viele von ihnen. In der vermeintlichen Hoffnung auf Besserung, strömen trotz der widrigen Umstände mehr Menschen in die Mega-City, die weit über 23 Millionen Einwohner zählt. Überhaupt gibt es in keinem Krankenhaus eine kostenlose (Notfall)-Versorgung; Zutritt und Behandlung für alle nur nach Vorkasse.

Ich habe die zuvor genannten kleinen Dienste immer gerne in Anspruch genommen und wurde nie enttäuscht. Das Auto wurde immer gut bewacht und nie fehlte auch nur irgendwas, wenn das Auto im Innenraum gereinigt wurde. Jede noch so kleine Gabe wurde mit einem dankbaren Lächeln quittiert – alles auch eine Frage des gegenseitigen Respekts.

Leider ist die Zeit meines Gesprächspartners zu knapp, um weitere Erfahrungen auszutauschen.

Wer sein Hilfsprojekt in Mexiko unterstützen möchte, findet hier die Kontoverbindung:

Pax-Bank eG IBAN DE95370601930000001031 BIC GENODED1PAX Verwendungszweck: Projekt-Nr. A/07/0230 001 Lebensmittel

Apropos Spende und Dank

Für die Veranstaltung in Speyer findet Briegel abschließend nur lobende Worte und wertet sie als rundum gelungene Aktion für die „Gute Sache“. Kinderattraktion am Rande Spielfeldes war übrigens „Mr. Spyderman“. Den hohen Sieg der „alten Lotto-Herren“ kommentiert er schmunzelnd mit den Worten: „Naja, es geht ja nicht um’s Rennen, sondern um’s Antizipieren, wo der Ball sein wird oder hin muß, um sich in eine möglichst optimale Schußposition zu bringen“ … „Man muß mit seinen Kräften haushalten, schließlich finden pro Jahr mindestens 12 derartige Veranstaltungen statt und für die nächsten Monate sind schon alle Termine ausgebucht“.

Petra Fritz

Die Autorin ist von Beruf Dipl-Kfm (Uni Mannheim), Jahrgang 1960, verheiratet, wohnhaft in Speyer und Locarno. Sie war 4 Jahre Personalleiterin bei den US-Streitkräften (AAFES) in Stuttgart und Heidelberg und in Folge 12 Jahre im Pharma-Management von BASF (Auslandsvertrieb) tätig, davon 18 Monate bei der Tochtergesellschaft Quimica Knoll in Mexico.

Von 2002 bis 2022 war Petra Fritz selbständige rechtliche Berufsbetreuerin (Vormund) und Verfahrenspflegerin für verschiedene Amtsgerichte in der Vorderpfalz. Seitdem widmet sie sich verstärkt ihrer Coaching- und Autorentätigkeit.

Privat war Petra Fritz Leistungssportlerin im Eis- und Rollkunstlauf (u.a. Teilnehmerin bei der Profi-WM 1978 und Top 10 1979), später 14 Jahre lang Vize-Präsidentin des Rheinland-pfälzischen Eis- und Rollsportverbandes sowie Repräsentantin „Frau im Sport“. Heute ist sie in der Freizeit gerne auf dem Wasser und auf Ski unterwegs. Ansonsten agiert sie seit 2012 auch als semi-professional Bestager-Model, Darstellerin, Moderatorin und Bloggerin für „Topagemodel.de“.

Petra Fritz hat das Buch „Mittendrin statt nur dabei“ veröffentlicht.

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